(stm | Sicherheit)
Im Jahr 2022 waren die Auswirkungen der Corona-Pandemie und des Angriffs Russlands auf die Ukraine besonders prägend. Diese Ereignisse haben unserer Gesellschaft, unserem Staat und unseren Sicherheitsbehörden neue Herausforderungen gestellt. Diese Entwicklungen sind auch im Verfassungsschutzbericht 2022 erkennbar, den Innenminister Christian Pegel heute in Schwerin vorgestellt hat.
„Rechtsextremisten, Reichsbürger, Selbstverwalter und jene, die den Staat nicht anerkennen, haben die Krisen ausgenutzt und für ihre ideologischen Zwecke missbraucht. An vielen Orten war deutlich erkennbar, wie sie versuchten, legitimen Protesten beizutreten oder diese sogar zu dominieren. Als Folge davon verschwimmt in Teilen der Gesellschaft zunehmend die Unterscheidung zu Extremisten“, fasste Christian Pegel die allgemeine Entwicklung zusammen.
Im Detail ergeben sich nach Presseinformation des Innenministers folgende Erkenntnisse:
Mehr Rechtsextremisten, weniger in Parteien
Sowohl in Mecklenburg-Vorpommern als auch bundesweit bleibt der Rechtsextremismus die größte Bedrohung für die demokratische Ordnung. Die Anzahl der Rechtsextremisten ist von 1.790 im letzten Jahr auf 1.840 im Jahr 2022 angestiegen. Die Anzahl derer, die in rechtsextremen Parteien wie der NPD, Die Rechte und dem 3. Weg organisiert sind, ist von 400 auf 350 gesunken. Der Zuwachs ist auf Personen zurückzuführen, die entweder nicht aktiv sind oder nur lose in örtlichen Strukturen involviert sind. Laut Verfassungsschutz ist auch die Anzahl der als gewaltbereit eingestuften Rechtsextremisten von 680 auf 720 gestiegen.
Zunehmende Organisation von Reichsbürgern und Selbstverwaltern
Die Anzahl der Reichsbürger und Selbstverwalter hat erneut zugenommen – von 650 auf 670 Personen. „Die Gruppe besteht nach wie vor hauptsächlich aus unorganisierten Einzelpersonen. Allerdings stieg der Anteil der in Gruppen organisierten Reichsbürger und Selbstverwalter um 30 auf 140 an. Besonders aktiv sind Mitglieder von ‚Staatenlos.Info‘ sowie Unterstützer des selbsternannten ‚Großherzogs Friedrich Maik‘ in unserem Bundesland. Von der Gesamtzahl der erfassten Reichsbürger und Selbstverwalter werden 55 als rechtsextremistisch und 170 als gewaltorientiert eingestuft“, erklärte Pegel.
Wahrung der Grundrechte mit klaren Grenzen
Auch im Jahr 2022 hat die Anzahl der Personen zugenommen, die die Legitimität des Staates untergraben. Diese Individuen nutzen Krisen wie die Corona-Pandemie oder potenzielle Energieknappheit aus, um durch aggressive Agitation die Autorität der Vertreter und staatlichen Institutionen systematisch zu untergraben. „Das Ziel dieser Personen besteht darin, essentielle Prinzipien unserer Verfassung außer Kraft zu setzen und die Funktionalität unseres Staates und seiner Institutionen erheblich zu beeinträchtigen“, erklärte der Innenminister. Im Jahr 2022 wurden insgesamt 30 Personen im Jahresbericht des Verfassungsschutzes identifiziert, die Aktivitäten durchführen, die den Staat delegitimieren. Unter ihnen sind zehn Organisatoren der Protestreihe „Wolgast steht auf“.
Es gibt Anhaltspunkte dafür, dass sie den Staat und seine Vertreter ihrer Legitimation berauben wollen, schreibt der Innenminister in seiner Pressemitteilung. Er richtet sich mit dem Apell an die Öffentlichkeit: „Nehmen Sie Ihr demokratisches Grundrecht auf freie Meinungsäußerung wahr, auch in Form von Demonstrationen. Aber passen Sie auf, mit wem Sie demonstrieren. Geben Sie Acht, dass Sie auf dem Boden unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung bleiben. Klare Indizien dafür sind der Respekt vor der Menschenwürde und jeglicher Verzicht auf Gewalt“.
Rückgang von Linksextremisten
Im Jahr 2022 war der Linksextremismus nicht so bedeutend wie in den Vorjahren. Die Anzahl der als Linksextremisten eingestuften Personen hat um 30 auf 430 abgenommen, genauso wie die Anzahl der gewalttätigen Linksextremisten, die auf 210 gesunken ist.
„Die gewaltbereite linksextremistische Szene konzentriert sich nach wie vor hauptsächlich auf die Universitätsstädte Rostock und Greifswald sowie generell auf größere Städte. Im Jahr 2022 sorgte ein Vorfall in Schwerin für Schlagzeilen: Täter brachten zeitgleich mit ähnlichen Angriffen in Erfurt, Halle und Magdeburg in einem Laden, der der rechten Szene zugeschrieben wird, eine übelriechende Substanz aus“, führte der Innenminister als Beispiel an.
„Auch Linksextremisten versuchen regelmäßig, tagespolitische und gesellschaftsrelevante Themen im Sinne ihrer Ideologie zu dominieren oder zumindest ihre eigene verfassungsfeindliche Handlung zu legitimieren. Dabei nutzen sie vor allem die Themen Klimaschutz, Antifaschismus und Antirepression. Ein deutliches Zeichen für das Potenzial des gewaltbereiten Linksextremismus ist der Prozess um die sogenannte Eisenacher Gruppe, die schwerste Verletzungen bei ihren Opfern verursachte. Gewalt ist in keiner Form tolerierbar“, betonte Pegel.
Islamisten meist Einzelpersonen
Der Verfassungsschutz in Mecklenburg-Vorpommern ordnete dem Islamismus/islamistischem Terrorismus im vergangenen Jahr 170 Personen zu, 30 weniger als im Vorjahr.
„Im Vergleich zu anderen Bundesländern sind islamistische Strukturen in unserem Bundesland vergleichsweise schwach vertreten. Das Hauptaugenmerk unserer Verfassungsschützer liegt auf Einzelpersonen mit Verbindungen zu terroristischen Strukturen. Dabei handelt es sich vor allem um Anhänger des Salafismus, die hauptsächlich in städtischen Ballungsräumen ihren Aktivitäten nachgehen. Obwohl ihre Zahl überschaubar ist, geht von jedem islamistischen Extremisten eine große Gefahr für unsere Gesellschaft aus. Daher ist die Arbeit unserer Verfassungsschützer als „Frühwarnsystem“ gegen Angriffe auf unsere Demokratie von großer Bedeutung“, erklärte der Innenminister.
Die Sicherheitsbehörden überwachen auch eine Form von Extremismus namens „auslandsbezogener Extremismus“ neben dem Islamismus. In Mecklenburg-Vorpommern wird dies hauptsächlich durch Mitglieder und Anhänger der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) repräsentiert. Im vergangenen Jahr fielen etwa 250 von insgesamt bis zu 270 Personen in diese Kategorie, ähnlich wie im Vorjahr.
Die Grenzen zwischen den verschiedenen Extremismusströmungen sind fließend
„Dies zeigt sich auch im Bereich der Rechtsextremisten sowie der Reichsbürger und Selbstverwalter: Die Grenzen zwischen den einzelnen Extremismusströmungen sind nicht eindeutig voneinander abzugrenzen“, so Pegel. Die Verfassungsschützer arbeiten daran, diese komplexen Zusammenhänge besser zu verstehen und zu analysieren.
Hier kann der Bericht eingesehen und heruntergeladen werden:

















