(stm) In Mecklenburg-Vorpommern steht der Naturschutz in europäischen Schutzgebieten erneut im Fokus: Die Umweltorganisation ClientEarth hat eine Klage gegen das Bundesland eingereicht. Der Vorwurf: Die Landesregierung missachtet die Vorgaben der europäischen Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie), indem sie die Auswirkungen landwirtschaftlicher Nutzung in Schutzgebieten nicht wirksam überprüft. Unterstützung erhält die Klage vom NABU Mecklenburg-Vorpommern und dem BUND Mecklenburg-Vorpommern.
Schutzgebiete in alarmierendem Zustand
Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Laut dem Natura-2000-Landesbericht Mecklenburg-Vorpommerns befinden sich 97 % der Lebensraumtypen und 65 % der Arten in Schutzgebieten in einem unzureichenden oder schlechten Erhaltungszustand. Auch die Halbzeitbilanz des Biodiversitätskonzepts des Landes zeigt, dass der Anteil landwirtschaftlicher Flächen mit hohem Naturwert kontinuierlich abnimmt.
Ein zentraler Kritikpunkt ist das Fehlen von sogenannten Verträglichkeitsprüfungen. Diese Prüfungen sind laut FFH-Richtlinie notwendig, um sicherzustellen, dass landwirtschaftliche Aktivitäten in Schutzgebieten den Zielen des Naturschutzes nicht entgegenstehen. In Mecklenburg-Vorpommern gibt es jedoch keine verbindliche Regelung, die eine solche Prüfung vorschreibt – ein Vollzugsdefizit, auf dessen Behebung die Klage abzielt.
Warum Schutzgebiete essenziell sind
Schutzgebiete wie die Natura-2000-Areale spielen eine entscheidende Rolle im Kampf gegen die Klima- und Biodiversitätskrise. Sie sichern die Lebensräume vieler Arten, tragen aber auch zur Erhaltung wichtiger Ressourcen wie frisches Wasser, fruchtbare Böden und saubere Luft bei. Doch der Druck durch landwirtschaftliche Nutzung hat die Schutzgebiete vielerorts in einen kritischen Zustand versetzt.
Dr. Jennifer Seyderhelm, Juristin bei ClientEarth, betont, dass Naturschutz und Landwirtschaft vereinbar sind: „Wir können gleichzeitig Artenvielfalt schützen und eine ertragreiche Landwirtschaft gewährleisten – das ist miteinander vereinbar und sollte nicht gegeneinander ausgespielt werden. Aber dafür brauchen wir politischen Willen und politische Lösungen. Darauf zielt unsere Klage gegen die Landesregierung.“
Auch der NABU Mecklenburg-Vorpommern sieht dringenden Handlungsbedarf. Dr. Rica Münchberger, Geschäftsführerin des NABU, erklärt: „Die katastrophalen Zahlen aus unserem Land zum Zustand der Schutzgebiete zeigen, dass es nicht reicht, theoretische Vorgaben zu erfüllen und Schutzgebiete einfach nur auf dem Papier zu melden. Ohne substanzielle Maßnahmen gibt es keinen wirksamen und zielführenden Schutz.“
Corinna Cwielag, Landesgeschäftsführerin des BUND Mecklenburg-Vorpommern, hebt die Verantwortung der Landesregierung hervor: „Der Zustand vieler Arten und Landschaften in der Agrarlandschaft wird währenddessen dramatisch schlechter. Es gibt immer weniger Amphibien, Feldlerchen und Kiebitze. Deshalb begrüßt und unterstützt der BUND diese Klage von ClientEarth.“
Was die Klage bewirken soll
Mit der Klage verfolgt ClientEarth das Ziel, die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommerns dazu zu verpflichten, ihre Schutzgebiete wirksam zu verwalten und dabei die Vorgaben der FFH-Richtlinie einzuhalten. Dabei geht es nicht darum, wirtschaftliche Aktivitäten grundsätzlich auszuschließen, sondern sie in Einklang mit den Erhaltungszielen der Schutzgebiete zu bringen.
















