(stm)
Eine Online-Petition auf Change.org sorgt seit einigen Tagen für erhebliche Verunsicherung in Schwerin und der Region. Unter der Überschrift „Stopp die Schließung der Kinderchirurgie Schwerin!“ warnt ein Vater vor einer angeblich bereits „geplanten Schließung am 1. Dezember 2025“ am Helios Klinikum Schwerin. Binnen weniger Tage kamen laut Plattform rund 7.700 verifizierte Unterschriften zusammen.
Der entscheidende Satz der Petition steht im Problembeschrieb: Dort ist von einer „geplanten Schließung am 1. Dezember 2025“ die Rede, die die Versorgung von Kindern massiv verschlechtern und zahlreiche Arbeitsplätze gefährden werde. Konkrete Belege für diesen Termin nennt der Autor nicht; er verweist allgemein auf „Daten“, „Krankenhausstatistiken“ und Entwicklungen im Gesundheitswesen.
Genau diese zentrale Behauptung hat sich inzwischen als falsch herausgestellt. Das Fachportal myDRG fasst die Lage knapp so zusammen: Das „angebliche Aus der Kinderchirurgie am Helios Klinikum Schwerin“ sei eine Falschmeldung, unter Verweis auf Recherchen des „Nordkurier“. In Berichten und Social-Media-Beiträgen des Nordkurier heißt es, Helios habe auf Nachfrage klargestellt, dass die Kinderchirurgie weiter betrieben werde und keine entsprechende Schließungsentscheidung vorliege.
Auffällig ist, dass inzwischen sogar Change.org selbst vor der Petition warnt. Direkt über der Überschrift blendet die Plattform einen deutlich formulierten Hinweis ein: Die Petition sei von Nutzerinnen und Nutzern gemeldet worden, zudem gebe es Presseberichte des Nordkurier mit Stellungnahme von Helios. Change.org empfiehlt ausdrücklich, die Informationen zu prüfen, bevor man unterschreibt oder die Petition teilt.
Der Petitionsstarter hat auf die Kritik reagiert und am 15. November ein Update veröffentlicht. Darin rückt er den Fokus weg von einer angeblich beschlossenen Schließung hin zu „öffentlich sichtbaren Entwicklungen und strukturellen Veränderungen“ wie Bettenreduktion, Umbaumaßnahmen und der allgemeinen Tendenz zur Zentralisierung medizinischer Leistungen. Die Petition solle ein „Signal“ sein, die zukünftige Versorgungssituation frühzeitig öffentlich zu diskutieren, bevor Entscheidungen unumkehrbar werden. An der ursprünglichen, sehr konkreten Datumsbehauptung 1. Dezember 2025 ändert dieses Update allerdings nichts – belastbare Dokumente oder offizielle Beschlüsse werden weiterhin nicht vorgelegt.
Unstrittig ist: Die Kindermedizin in Schwerin steht unter Druck. Bereits im Juni hatte das Personal der Kinderklinik – also der Kinder- und Jugendmedizin, nicht der Kinderchirurgie – in einem offenen Brief Alarm geschlagen und vor massiven Personalengpässen sowie einer „akut gefährdeten“ Versorgung gewarnt. Diese Sorgen sind gut belegt und erklären, warum eine Petition zu diesem Thema auf so große Resonanz stößt.
Trotzdem bleibt die Trennlinie klar: Es gibt dokumentierte Probleme in der Kinderklinik und eine heftige Debatte über den Sparkurs des Klinikkonzerns – aber keine bestätigte Entscheidung, die kinderchirurgische Versorgung in Schwerin zu schließen. Nach übereinstimmenden Angaben von Helios, Nordkurier und myDRG ist genau diese Schließungsbehauptung eine Falschmeldung.
Damit steht die Petition in einem widersprüchlichen Licht: Sie trifft einen Nerv, weil viele Menschen sich zurecht Sorgen um die Kinderversorgung machen – stützt sich in ihrem zentralen Punkt aber auf eine nachweislich falsche Behauptung. Wer sich für eine gute Versorgung von Kindern in Westmecklenburg einsetzen will, braucht eine Debatte auf Basis überprüfbarer Informationen, nicht auf Grundlage eines Schließungsdatums, das so schlicht nicht existiert.
















