(Un)Sicherheiten auf dem Schulweg. 5 Fragen an: Sebastian Körner

(stm)

Immer wieder kommt es in Schwerin zu Verkehrsunfällen. Leider auch oft beteiligt, Schülerinnen und Schüler. Beispielweise kam es erst am gestrigen Donnerstag zu einem Unfall, bei dem ein 11-jähriger Junge verletzt wurde. Kein Einzelfall, wie uns der Direktor der Unfallkasse Mecklenburg Vorpommern, Sebastian Körner in einem Interview verriet. So kam es im Jahr 2022 zu 123 meldepflichtigen Wegeunfällen in Schwerin, im Jahr 2023 bisher 78 (Stand 16.10.2023).

Wir haben mit ihm ein schriftliches Interview geführt, dass wir an dieser Stelle für unsere Leserinnen und Leser veröffentlichen wollen. Es geht um Elterntaxis, Verkehrssicherheit, Unfallverhinderung und was eigentlich nach einem sogenannten Wegeunfall passiert.

Foto: Adobe Stock

Herr Körner, wie und wann sind die Schweriner Schulkinder auf ihrem Schulweg per Gesetz bei der Unfallkasse versichert, wer bezahlt die Unfallkasse bei einem Unfall und spielt es für den Versicherungsschutz eine Rolle, wie ein Schulkind zur Schule kommt?

Der Schutz aus der gesetzlichen Unfallversicherung für Schülerinnen und Schüler besteht grundsätzlich während des Schulbesuchs, bei schulischen Veranstaltungen und auf den damit zusammenhängenden direkten Wegen zwischen häuslichem Bereich und Schule sowie zwischen häuslichem Bereich und Veranstaltungsort (z. B. Sportstätte, Theater, Museum, Schullandheim u. ä. = Schulwege) und zwischen Schule und Veranstaltungsort („Dienstweg“) unabhängig von der Wahl des Transportmittels. Der Versicherungsschutz besteht also auch, wenn Schülerinnen und Schüler in Fahrzeugen mitfahren oder die Fahrzeuge selbst benutzen. Es muss nicht immer zwingend der kürzeste Weg gewählt werden. Versichert sind in Ausnahmefällen auch Wege, die risikoärmer oder verkehrstechnisch günstiger sind. Es kann je nach Alter der Schulkinder auch Versicherungsschutz bestehen, wenn im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Schulbesuch nicht direkt der häusliche Bereich, sondern zunächst ein vergleichbarer Ort (z.B. Haus der Großeltern) aufgesucht wird, wenn dadurch die weitere Betreuung gesichert wird. Stets muss der Weg von dem Bestreben geprägt sein, von der Schule nach Hause zu gelangen, sodass eigenwirtschaftliche Gründe, die den Versicherungsschutz normalerweise entfallen lassen, in den Hintergrund treten. Die Kosten, die in Folge eines versicherten Wegeunfalls entstehen (z. B. Kosten der Heilbehandlung), werden zunächst von der Unfallkasse getragen. Die dafür benötigten Mittel werden in Form von Beiträgen zur gesetzlichen Unfallversicherung aufgebracht. Im konkreten Fall werden für Schulen in freier Trägerschaft Beiträge vom Land Mecklenburg-Vorpommern erbracht. Bei öffentlichen Schulen erfolgt die Beitragserhebung nach Anzahl der Schüler beim jeweiligen Schulträger.

Wie viele Unfälle von Schweriner Schulkindern hat es im letzten Jahr 2022 und im laufenden Jahr bereits auf dem Schulweg gegeben und was müssen Eltern tun, wenn es zu einem Unfall ihres Kindes auf dem Schulweg kommen sollte?

Im Jahr 2022 hatten 123 Schweriner Schulkinder einen anerkannten meldepflichtigen Wegeunfall. Für das Jahr 2023 sind bisher 78 anerkannte Wegeunfälle (Stand 16.10.2023) registriert. Wenn es zu einem Wegeunfall eines Schulkindes kommt, ist zunächst die ggf. erforderliche ärztliche Versorgung sicherzustellen. Gegenüber dem erstbehandelnden Arzt ist darauf hinzuweisen, dass es sich um einen Wegeunfall im Zusammenhang mit dem Schulbesuch handelt. Hierbei ist zu beachten, dass ein Durchgangsarzt aufzusuchen ist. An den Kliniken im Land Mecklenburg-Vorpommern ist regelmäßig ein Durchgangsarzt tätig. Zudem ist die Schule (im Regelfall über das Schulsekretariat) unmittelbar über den Wegeunfall und dessen Umstände (Wann? Wo? Wie? Was? Beteiligte?) zu informieren. Die Schule erstattet dann eine Unfallanzeige an die Unfallkasse.

Jetzt beginnt wieder die dunkle Jahreszeit, was sollten Eltern beachten und zum Schutz ihrer Kinder machen? Was empfehlen Sie seitens der Unfallkasse den Eltern?

Wichtig ist, dass Kinder in der dunklen Jahreszeit von anderen Verkehrsteilnehmern erkannt werden und sich von der Umgebung optisch abheben. Hier sind besonders die Eltern gefragt! Damit Kinder besser zu erkennen sind, sollten sie möglichst helle Kleidung tragen bzw. reflektierende Materialien an den Kleidungsstücken vorhanden sein. Im Scheinwerferlicht sind diese Reflektoren weit sichtbar. In neuere Kleidungsstücke werden mittlerweile reflektierende bzw. fluoreszierende Materialien und Nähte oftmals direkt eingearbeitet. Darüber hinaus sind unsere Jüngsten von den „Blinkis“ begeistert – an Kinderkleidung anheftbare kleine Reflektoren, die zur besseren Erkennbarkeit des Kindes im Dunkeln (vor allem auf dem Schulweg) dienen.

Wie unterstützt die Unfallkasse konkret Schulen und Elternvertretungen, die sich für den sicheren Schulweg im Interesse der Kinder und Jugendlichen engagieren wollen und was kostet das die Schulen?

Die Unfallkasse steht den Schulen und Elternvertretungen mit entsprechenden Beratungsangeboten bei Bedarf zur Seite. Um Kompetenzen zu bündeln und vorhandene Kapazitäten gezielt einzusetzen, besteht seit vielen Jahren eine enge Zusammenarbeit mit weiteren Partnern der Verkehrserziehung. Dazu gehören beispielsweise die Landesverkehrswacht MV mit ihren 19 örtlichen Verkehrswachten, die Präventionsberater der Polizei, aber auch die Busunternehmen, die die Schülerbeförderung durchführen. Gemeinsam entstanden so Projekte wie die „Busschule“ und die „Busengel“ sowie Materialien für unsere ABC-Schützen, die kostenfrei den Kindertagesstätten und Grundschulen angeboten werden. Die Beratungsleistungen zur Unfallverhütung durch die Unfallkasse werden für die Mitgliedsunternehmen kostenfrei im Rahmen des gesetzlichen Auftrages gemäß des SGB VII durchgeführt.

Auf ein letztes Wort: Elterntaxi Wie stehen Sie für die Unfallkasse zum Elterntaxi, ist das ein sicheres Verkehrsmittel oder eher eine Unfallquelle für Kinder? Was sagt die Statistik der Unfallkasse dazu?

Zu den „Eltern-Taxis“ liegen uns keine konkreten Statistiken vor. Allerdings liegt das Risiko, bei einem Unfall im Straßenverkehr eine schwere Verletzung zu erleiden, dabei deutlich höher, als bei einem Schulunfall. Das zeigt die Zahl der Unfallrenten, die in der Folge von der gesetzlichen Unfallversicherung gezahlt werden. Radfahrer, Busse, Fußgänger – sie alle tummeln sich morgens im Schulbereich. Eltern-Taxis und aus dem Pkw aussteigende Kinder verdichten diese Situationen zusätzlich. Viele Väter und Mütter fahren aus Sorge ihre Kinder gern im Auto bis vor die Schultür. Damit erhöhen sie das Unfallrisiko. Um jedoch Staus und gefährliche Verkehrssituationen vor den Kitas oder Schulen für das eigene und die anderen Kinder zu vermeiden, empfiehlt die Unfallkasse den Eltern die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel, wie beispielsweise Bus oder Bahn. Befindet sich die Schule allerdings nur einige Straßen vom Wohnort entfernt, sollten die Eltern diesen Weg mit ihren Kindern gemeinsam üben. So können sie den Weg zur Schule möglichst zu Fuß oder je nach Alter mit dem Rad zurücklegen und werden zu selbständigen Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmern. Hinzu kommt, dass der mit dem Rad oder der zu Fuß zurückgelegte Schulweg, die Bewegung, soziales Lernen und die Persönlichkeitsentwicklung fördert.

Wir bedanken uns für das Interview!


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