(stm)

In der letzten Stadtvertretung wurde ein weiteres Kapitel der Schweriner Stadtgeschichte abgeschlossen, das vielen in Erinnerung bleiben wird – allerdings nicht unbedingt im Positiven. Die Stadtwerke Schwerin GmbH (SWS) erhielten das grüne Licht, die Überreste der FIT Freizeit-, Infrastruktur- und Tourismusservice Schwerin GmbH zu übernehmen. Die FIT GmbH, eine Tochtergesellschaft der Stadtwerke Schwerin, wurde 1998 ins Leben gerufen. Ihr Aushängeschild sollte das Freizeit- und Sportzentrum „Belasso“ sein – eine Anlage, die große Erwartungen weckte, aber schließlich ein finanzielles Fiasko frü Schwerin wurde.

Die Stadtvertretung hat nun beschlossen, den Oberbürgermeister zu ermächtigen, der Verschmelzung der FIT GmbH mit den Stadtwerken Schwerin zuzustimmen. Diese Verschmelzung soll zum 1. Januar 2025 erfolgen. Damit übernehmen die Stadtwerke auch die noch offenen Forderungen der FIT, wie von knapp 370.000 Euro gegenüber der insolventen PMC, die zuvor das Belasso gepachtet hatte. Während auf der Stadtvertretung über Steuererhöhungen und den Haushalt gestritten wurde, hat man gleichzeitig beschlossen, diese Schulden über die Stadtwerke zu tragen. Und damit die Geschichte Belasse endgültig beendet.

Wie das Belasso begann

Die FIT GmbH wurde Ende der 90er Jahre gegründet, um Schwerins kommunale Infrastruktur zu stärken. Das „Belasso“ war dabei das Prestigeprojekt unter dem damaligen Oberbürgermeister Friederdorff: Ein Freizeitzentrum mit Fitnessstudio, Wellnessbereich und Veranstaltungsräumen. Doch schon nach wenigen Jahren wurde deutlich, dass die ehrgeizigen Ziele kaum realisierbar waren. Sowohl der Bund der Steuerzahler, als auch das Land kritisierten Schwerin über Jahre hinweg für diese „Fehlinvestitionen“.

Zwar konnten die Berichte der FIT zunächst solide Besucherzahlen vorweisen, doch wirtschaftlich gesehen entwickelte sich das Projekt zu einem Fiasko. Hohe Betriebskosten, falsche Investitionen und juristische Auseinandersetzungen häuften Jahr für Jahr neue Verluste an. 2009 wurde von Millionendefiziten gesprochen, für das Jahr 2012 berichtete die FIT von einem Minus von über 397.000 Euro – die ältesten heute öffentlich recherchierbaren Hinweise darauf, dass die Stadtwerke langfristig einspringen mussten.

Hürden und Pannen auf dem Weg in die Pleite

2009 und davor: Bereits in einer Pressemitteilung aus diesem Jahr war von Millionendefiziten des Belasso die Rede. Schon damals wurde deutlich, dass das Projekt wirtschaftlich nicht auf sicheren Beinen stand. Die UB, damlas unter Silvio Horn, der heute Finanzdezernent ist, forderten deswegen schon zu der Zeit eine Teilprivatisierung.

Als witzige Anekdote dürfte vielen Schwerinerinnen und Schwerinern noch die Posse mit der Bowlingbahn in Erinnerung geblieben sein: YouTube-Link. Es gab seinerzeit Wasser unter einer Bowlingbahn – Sanierungskosten 300.000 Euro.

2012: Die FIT verzeichnete einen Jahresverlust von 397.457,64 Euro. Die Stadtwerke gleichen den Betrag aus, aber die finanziellen Probleme werden immer offensichtlicher.

2015: Trotz Einsparungen und Umsatzzielen endete das Jahr mit einem Defizit von 97.160,63 Euro. Die Einnahmen stagnieren, und die Kosten bleiben hoch.

2017: Ein weiteres Jahr der Enttäuschungen. Das Belasso verzeichnete 157.097 Besucher, doch das operative Ergebnis lag bei -119.000 Euro. Neue Investitionen wie ein modernes Zutrittssystem und Fitnessgeräte verursachen zusätzliche Ausgaben.

2020: Nachdem die FIT versucht hatte, das Belasso an die PMC GmbH zu verpachten, kam es zu Pachtstreitigkeiten und Gerichtsverfahren, die die Situation weiter verschärften. Der Jahresverlust steigt auf 224.000 Euro.

2021/2022: Grundstücke, Gebäude und Inventar werden für knapp 1 Million Euro verkauft. Die FIT ist praktisch handlungsunfähig, die Verluste belaufen sich in diesem Jahr auf 266.000 Euro.

2024: Mit der Entscheidung zur Verschmelzung auf die Stadtwerke endet die Geschichte der FIT GmbH und des Belasso.

Ein Blick auf die Zahlen

Die genauen Kosten für Planung und Bau des Belasso sind heute leider nicht mehr öffentlich abrufbar. Es kann aber von einem zweistelligen Millionenbetrag ausgegangen werden. Bekannt ist, dass das Projekt von Anfang an durch hohe Betriebskosten und Fehlplanungen belastet war.

Die Stadtvertretung stimmte im Jahr 2021 der Veräußerung des Belasso-Grundstücks an die AIM SPA Deutschland GmbH für 1,1 Millionen Euro zu. Die AIM (InterPa“ Betreiber von „Wonnemar“ überzeugte mit einem Konzept, das eine Sanierung und Erweiterung des Belasso vorsieht, darunter ein geplanter Hotel- und Bäderbetrieb sowie Thermalanwendungen. Die Thermalsole soll von den Stadtwerken Schwerin geliefert werden. Dieses Konzept wurde als wirtschaftlich tragfähig bewertet.

Die Verluste der FIT GmbH über die Jahre waren beträchtlich und wurden stets durch die Stadtwerke ausgeglichen. Einige Beispiele verdeutlichen das Ausmaß:

  • 2012: 397.457,64 Euro Verlust.
  • 2015: 97.160,63 Euro Verlust.
  • 2017: 119.000 Euro Verlust.
  • 2020: 224.000 Euro Verlust.
  • 2022: 266.000 Euro Verlust.

Hinzu kommen die laufenden Kosten für Verwaltung und Liquiditätshilfen, die ebenfalls von den Stadtwerken getragen wurden. Insgesamt beläuft sich der Schaden durch die FIT GmbH auf mehrere Millionen Euro, ohne dass das Belasso je einen nennenswerten Gewinn erzielt hätte.

Wonnemar – ein Neuanfang mit Hoffnung?

Laut Medienberichten soll der Verkauf an Wonnemar mit einer Investition von rund 25 Millionen Euro für die Sanierung und Erweiterung des Belasso einhergehen. Ein privater Betreiber, Wonnemar, will es nun richten – es bleibt zu hoffen, dass ein privater Betreiber das schafft, was die Stadt in fast 20 Jahren nicht geschafft hat: ein sich finanziell tragendes Familienvergnügen für die Stadt Schwerin. Mehr dazu hier.

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Kommentar:

Das Belasso ist ein Paradebeispiel dafür, wie ambitionierte Projekte oft an unzureichender Planung, unrealistischen Erwartungen und fehlender Kontrolle scheitern können. Kritiker betonen, dass von Anfang an strengere Aufsicht und mehr Transparenz notwendig gewesen wären. Das Projekt „Belasso“ war nicht nur teuer, sondern auch eines der Instranparentesten. Mit der Verschmelzung beziehungsweise „Übernahme“ auf die Stadtwerke ist die FIT GmbH nun Geschichte. Dieses Projekt zeigt, wie wichtig es ist, Großprojekte von Anfang an kritisch zu hinterfragen, mit realistischer Planung zu begleiten und kontinuierlich zu kontrollieren. Das Belasso wird in Schwerin wohl lange als eines der kostspieligsten und problematischsten Projekte im Gedächtnis bleiben. Es bleibt zu hoffen dass mit der InterSpa gruppe nun das Wonnemar erfolgreich umgesetzt wird. Dann waren all die Kosten und Mühen der letzten Jahre nicht gänzlich vergebens.


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