(stma)
Am vergangenen Dienstag berichtete die Schweriner Polizei in einer Pressemitteilung von einem verhinderten Fahrrad Diebstahl auf dem Marienplatz. Die Schweriner Polizei konnte einen mutmaßlichen Fahrraddieb auf frischer Tat stellen. „Gegen 2.00 Uhr beobachteten die Beamten im Polizeihauptrevier Schwerin auf der Bildübertragung des Marienplatzes, wie sich ein junger Mann gewaltsam am Schloss eines abgestellten Rades zu schaffen machte und das Fahrrad stahl. Die Beamten nahmen unverzüglich Fahndungsmaßnahmen auf und konnten den mutmaßlichen Fahrraddieb in Begleitung einer Personengruppe in der Wittenburger Straße stoppen.“
Dies war der erste, und offensichtlich bisher einzige Fall in diesem Jahr, in dem die „Echtzeit Beobachtung“ durch die Polizei eine Straftat während der Begehung beobachten konnte. So teilte es uns die Schweriner Polizei auf Anfrage mit. Auf die Aufzeichnungen wurde hingegen öfters zurückgegriffen.
In Echtzeit konnte die Polizei im Jahr 2020 vier Straftaten beobachten. Im Jahr 2021 waren es dann 9 Straftaten die von der Polizei am Bildschirm beobachtet wurden. In diesem Jahr sei es bisher eine Straftat, die am Bildschirm live beobachtet wurde (Fahrraddiebstahl).
Dass es mehr Straftaten auf dem Marienplatz gibt, als in Echtzeit beobachtet wurden, dürfte wenig überraschen. Das Videomaterial wird deswegen zusätzlich gespeichert. „Nach Rücksprache mit der Staatsanwaltschaft Schwerin werden beigefügte Dateien (nachträgliche Überprüfungen anhand von Videodateien und Prints) mit den Aussagen der Zeugen und Tatbeteiligten in Bezug auf Plausibilität und Wahrheitsgehalt geprüft. Nach Berücksichtigung aller Unterlagen ergibt sich oft ein klareres Bild vom Tatgeschehen. Je nach Inhalt können sich die nachträglichen Überprüfungen aus Sicht des Angeklagten positiv oder negativ auf den Strafprozess auswirken.“
Neben der Echtzeit Überwachung, findet auf dem Marienplatz auch eine Speicherung des Videomaterials statt. Insgesamt wurde im Jahr 2020 46 mal auf das gespeicherte Videomaterial zurückgegriffen. Im Jahr 2021 waren es dann 54 Zugriffe auf die Aufzeichnungen. Im laufenden Jahr (erstes Halbjahr 2022) wurde 29 mal auf das gespeicherte Videomaterial zugegriffen.
Wie oft die Polizei durch einen Zugriff auf das gespeicherte Videomaterial tatsächlich Straftaten aufklären konnte, konnte uns die Schweriner Polizei nicht sagen und verweis auf die Polizei in Rostock. Eine Anfrage an die Rostocker Polizei ist bisher noch nicht beantwortet.
Ohne valide Zahlen – CDU will Überwachung zementieren!
Da die Polizei Schwerin keine verlässlichen Zahlen zu letztendlich vorliegen Straftaten hat, verwundert es umso mehr, dass nun die CDU in der Stadtvertretung beschließen lassen will, dass die Video-Echtzeit Überwachung auf dem Marienplatz unbefristet beschlossen werden soll.
Im Detail will die CDU folgenden Beschluss am 5. Dezember abgestimmt sehen: „Die Stadtvertretung spricht sich für die dauerhafte Fortführung der Videoüberwachung und – aufzeichnung auf dem Marienplatz durch die Polizei aus. Der Oberbürgermeister wird beauftragt, die entsprechenden vertraglichen Regelungen für die Umsetzung einzugehen.“
Als Begründung führt die CDU an:
„Sowohl die Zwischenberichte des Oberbürgermeisters als auch die Statistiken der Strafverfolgungsbehörden seit der Einführung in 2018 zeigen deutlich, dass die Überwachung des innerstädtischen Verkehrsknotenpunktes aber auch die Auswertung des
Videomaterials wichtige Werkzeuge zur Kriminalitätsbekämpfung und –prävention in Schwerin darstellen. Außerdem wird diese Maßnahme von den Bürgerinnen und Bürgern seit Jahren akzeptiert. Ein Auslaufen der Überwachung am 31.03.2023 bringt keinerlei Vorteile.“
Kommentar vom Autor:
Hier muss man der CDU widersprechen dürfen. Die von der Polizei an http://www.schwerin.news versandte Zahlen zeigen eben nicht „deutlich“ dass die Überwachung zur Kriminalitätsbekämpfung, und Prävention taugen. Vielmehr wird durch die Antwort der Polizei auf unsere Anfrage deutlich, dass es derzeit keine ausreichende Auswertung über die Wirksamkeit der Überwachung gibt. Die letzte Evaluierung der Überwachung stammt von einem Auswertungszeitraum von vor über 2 Jahren. Wenn die CDU hier Behauptungen aufstellt, die auf veraltete und nicht validierte Daten beruhen, müsste der Antrag im Grund abgelehnt werden.
Es finden nach Angaben der Polizei weit mehr Straftaten auf dem Marienplatz statt, als von der Echtzeit Beobachtung wahrgenommen werden. Effektiv scheint zumindest die Echtzeit Überwachung nicht zu sein. Was die Zahl der aufgeklärten Straftaten durch Auswertung der Aufzeichnungen angeht, steht noch aus. Selbst die Polizei hat gegenüber den Redaktion geschrieben, dass sich aus dem Videomaterial keine deutlichen Rückschlüsse auf die Anzahl der tatsächlichen Straftaten ziehen lasse, „weil zu abschließenden Aufklärung auch Informationen von Staatsanwaltschaft und Gericht erforderlich wären“.
Was die CDU nun veranlasst, ohne valide Datenlage eine dauerhafte Überwachung einführen zu wollen, bleibt unklar. Entsprechende Zahlen hat die CDU ihren Antrag nicht beigefügt (Link zum CDU Antrag). Auch von Seiten der Stadtverwaltung liegen keine aktuellen Zahlen vor.
Ein Beschluss auf der kommenden Sitzung der Stadtvertretung der Landeshauptstadt Schwerin, am 5. Dezember, wäre verfrüht. Bevor also über eine dauerhafte Installation und Betreibung beschlossen wird, sollte die Stadt dringend aktuelle Zahlen einholen.
Alles andere wäre willkürlich.














