(stm)

Am Samstag, den 15. April 2023, fand im Bürgerzentrum Campus am Turm (CAT) im Mueßer Holz eine Veranstaltung statt, die vom Kinder- und Jugendrat (KiJuRa), der Schweriner Jugendring, der Paulskirchenkeller (Paule) und der Jugendmedienbildung Schwerin organisiert wurde. Ziel war es, Jugendlichen die Möglichkeit zu geben, sich über die Aufgaben und Struktur der Verwaltung zu informieren und mit der Kandidatin und den Kandidaten für das Amt des Oberbürgermeisters in Schwerin zu diskutieren. Die gesamte Ausrichtung und Moderation wurde von den Jugendlichen maßgeblich selbst übernommen.

Die Veranstaltung begann mit einem kulturellen Programm, das von verschiedenen Jugendgruppen gestaltet wurde. Die Band Deep Silence spielte zur Auflockerung Rockmusik, die 11. Klasse der Nils Stensen Schule führte anschließend ein Theaterstück über völkische Siedler in Mecklenburg-Vorpommern auf und den Abschluss des Kulturprogramms bildete einen Kurzfilm mit dem Titel “Das Phänomen”, ein Projekt der Sophie Medienwerkstatt.

Durch „Fishbowl-Format“ Diskussion auf Augenhöhe

Anschließend stellten sich die Kandidierenden den Fragen der Jugendlichen, die sich vor allem um Themen wie Stadtplanung, Nahverkehr, Klimaschutz und Beteiligung drehten. Anwesend waren zeitweise etwa 50 Gäste aus allen Altersgruppen, wobei der Jugendanteil etwa bei 50 % lag. Anwesende kandidierende waren: Martin Steinitz (ASK ), Rico Badenschier (SPD), Thomas Tweer (Unterstützt von CDU, FDP, UB), Daniel Trepsdorf (Die Linke), Regina Dorfmann (Grüne) und Leif-Erik Holm (AfD).

Das gewählte Diskussionsformat „Fishbowl-Format“ sorgte für eine spannende Atmosphäre in der jeweils 3 Kandidaten mit 3 Jugendlichen in Diskussionen einstiegen. Bei „Fishbowl“ handelt es sich um eine Diskussionsmethode für große Gruppen, bei der die Teilnehmer im Kreis sitzen und nur eine kleine Gruppe im Zentrum diskutiert. Wer mitreden will, kann jederzeit in die Mitte wechseln, und den Platz mit jemanden tauschen.

Die Jugendlichen zeigten sich interessiert und kritisch und forderten von den Kandidierenden konkrete Antworten und Lösungen für ihre Anliegen. Sie machten deutlich, dass sie ernst genommen werden wollen und dass sie sich mehr Angebote und Perspektiven für ihre Zukunft in Schwerin wünschen.

Die Veranstaltung war Teil des Projekts “Demokratie leben!”, das vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert wird. Das Projekt unterstützt lokale Partnerschaften für Demokratie in ganz Deutschland bei der Entwicklung und Umsetzung von Handlungskonzepten zur Förderung von Demokratie und Vielfalt.

Das sagte die Kandidatin, die Kandidaten:

Nach dem Kulturprogramm ging es dann zum politischen über und es stellten sich die sechs Oberbürgermeisterkandidaten den Fragen und Forderungen der Jugendlichen. Dabei ging es um Themen wie Stadtplanung, Nahverkehr, Klimaschutz, Barrierefreiheit und Beteiligungsmöglichkeiten.

Der ASK Kandidat Martin Steinitz betonte, dass Jugendliche bei der Gestaltung der Stadt mitreden und mitentscheiden sollten. Er sprach sich dafür aus, dass bei Bauvorhaben der Jugendbedarf berücksichtigt wird und dass es genug freie Plätze und Räume für die Jugend geben muss. Nur wenn die Jugendlichen gleich zu Beginn von Bauvorhaben und ähnlichen Planungen eingebunden werden, können neue Räume für die Jugend entstehen. Viel mehr sagte der ASK Kandidat an dem Abend nicht, er sei, wie er im Anschluss an die Veranstaltung sagte, gekommen um die Wünsche und Probleme der Jugendlichen zu hören, nicht um sie „vollzulabern“.

Der SPD Kandidat Rico Badenschier kritisierte, dass das abgeschwächte Antragsrecht des Kinder und Jugendrates, dass nur noch ein Vorschlagsrecht ist, nur ein “windelweicher Kompromiss” sei und versprach, sich für eine Stärkung der Rechte des Kinder und Jugendrates einzusetzen. Dabei setze er auf die Landesregierung von MV. Er kündigte an, dass der Nahverkehr für die 5. und 6. Klasse ab nächsten Sommer auch kostenlos werden soll und dass die Stadt durch Geothermie in einigen Jahren zu 50 % versorgt werden kann. Er bezeichnete die Forderung von Anwohnenden der Ziegelseepromenade ein Badeverbot im Ziegelsee auszuweisen als “Quatsch”.

Der von CDU, FDP und UB unterstützte Kandidat Thomas Tweer sagte, dass er als Nicht-Politiker einen anderen Blick auf die Probleme habe und dass er sich zweimal im Jahr mit dem KiJuRa treffen wollen würde. Er wies darauf hin, dass Schwerin finanziell am Ende sei und dass das Land mehr Geld für die Jugend bereitstellen müsse. Er plädierte für einen langfristigen Ausbau des Schweriner Straßenbahnnetzes und eine autofreie Innenstadt mit einem innovativen Park&Ride System.

Der Kandidat der Partei Die Linke, Daniel Trepsdorf versicherte, dass die Linke sich um die Jugend mit der Jugend zusammen kümmern würde. So haben er und seine Partei in der Vergangenheit das Direkte Gespräch mit den Jugendlichen gesucht und Forderungen an die Kommunalpolitik gestellt. Er forderte mehr Geld für die Trägerinstitutionen und warnte davor bei der Frage der Verkehrswende, Autofahrer gegen Radfahrer auszuspielen. Er nannte die Barrierefreiheit ein Problem in Schwerin, dass angegangen werden muss und wo noch viel zu tun sei.

Regina Dorfmann, die Kandidatin der B90/ Grünen in Schwerin forderte, dass der KiJuRa sich mehr sichtbar machen solle und dass die Anliegen der Jugend ernster genommen werden müssen. Sie erinnerte daran, dass sie den KiJuRa mit aus der Taufe gehoben habe und erzählte, dass sie spät mit der Kommunalpolitik angefangen habe. Sie bemängelte, dass vieles zu langsam laufe in Schwerin. Sie sprach sich für eine Verbesserung des Fahrradwegs am Obotritenring aus und gegen die geplante Nordumgehung.

Der AfD Kandidat Leif Erik Holm verlangte, dass die Jugend ernster genommen werde und dass es mehr Angebote für sie gebe. Er zweifelte in einer Aussage an dem menschengemachten Klimawandel. Er äußerte sich kritisch zur Abschaltung der Atomkraftwerke und der Einführung des 49,- € Tickets und verfing sich in eine Diskussion mit einer Jugendlichen derartig, dass es minutenlang über das Thema Atomkraft ging. Am Ende musste die Moderation das Thema beenden, nachdem einige Gäste aus Protest gegen Holms Aussagen den Raum verlassen hatten.

Das sagten die Jugendlichen:

(Aus Daten- und Jugendschutzgründen hat die Redaktion keine Namen genannt.)

Die Jugendlichen reagierten unterschiedlich auf die Aussagen der Kandidaten. Einige lobten ihre Offenheit und ihr Engagement, andere kritisierten ihre leeren Versprechen und ihre Ignoranz. Viele bemängelten, dass es in Schwerin zu wenig Perspektiven für die Jugend gebe und dass sie nicht ernst genommen würden.

Die Jugendlichen, die an der Veranstaltung der KiJuRa und Jugenmedienbildung im CAT (Campus am Turm) teilnahmen, äußerten sich kritisch und unzufrieden über die Situation in Schwerin. Sie beklagten, dass viele Jugendliche keinen Ort hätten, an dem sie sein dürften, ohne dass sich jemand beschwere. Sie forderten mehr Verständnis und Respekt von den Erwachsenen und von der Politik. Sie sagten, dass die Jugend kein Problem sei, das man durch die Gegend schieben könne, sondern eine Chance für die Stadt.

Eine Jugendliche warf einem Teil der Oberbürgermeisterkandidaten vor, nur heiße Luft zu produzieren und keine konkreten Maßnahmen zu ergreifen. Sie sagte, dass Schwerin eine vergleichsweise kleine Bevölkerungsgruppe von Jugendlichen habe und dass fast niemand den sie kenne nach dem Schulabschluss in Schwerin bleiben wolle. Sie sagte auch, dass große Teile der Stadtpolitik kein ernsthaftes Interesse habe, sich wirklich zu ändern. Sie nannten als Beispiel den Klimanotstandbeschluss, der kaum umgesetzt werde. Es sei nach wie vor ein Problem, dass es in Schwerin keine Uni und wenig Ausbildungsplätze gebe.

Auch andere Jugendliche meldeten sich zu Wort. Sie kritisierten, dass einer der Kandidaten sagte, dass er sich zweimal im Jahr mit dem KiJuRa besprechen wollt. Das sei viel zu wenig. man brauche sich nicht wundern, wenn Jugendliche „Mist machen würden“, wenn sie nicht ernst genommen werden. Sie sagten, dass der OB die Aufgabe habe, eine lukrative Zukunft für die Jugend zu schaffen. Sie sagten, dass sie sich täglich zusammensetzen müssten.

Die Jugendlichen betonten, dass sie konkrete Forderungen hätten und dass sie sich engagieren würden. Sie fragten, wie sie den Grad erreichen sollten, wenn sie nicht ernst genommen würden. Sie nannten als Forderungen die Verbesserung des Nahverkehrs, die bessere Anbindung und Taktung mit dem Umland, die Klimaneutralität bis 2030, den Verzicht auf die Nordumgehung, die durch ein Moor führen würde, und die umfassende Barrierefreiheit. Sie sagten, dass Realpolitik zwar wichtig sei, aber auch Ziele gesetzt werden müssten, auch wenn sie schwer erreichbar scheinen. Es dürfe nicht an Geld scheitern, wenn es um die Jugend und eine nachhaltige Entwicklung der Stadt geht.

Jugend benötigt mehr Gehör.

Die Jugendlichen haben an diesem Nachmittag im CAT viel von sich und ihren Anliegen erzählt. Sie haben die OB-Kandidatin und die Kandidaten mit ihren Fragen und Forderungen herausgefordert und ihnen gezeigt, dass sie nicht nur Zuschauer, sondern Akteure in der Stadt sind. Sie haben deutlich gemacht, dass sie mehr Beteiligung, mehr Perspektiven, nachhaltige Entwicklung und mehr Klimaschutz wollen. Die Politiker und Politikerinnen sollten diese Stimmen ernst nehmen und gemeinsam mit den Jugendlichen an einer lebenswerten Zukunft für Schwerin arbeiten.


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