(stm)

Schwerin hat 99.155 Einwohner. Oder eben doch nur 98.800 oder 95.000. Es geistern viele Zahlen zur aktuellen Einwohnerzahl der Landeshauptstadt Schwerin durch die Gegend. Die aktuellste Zahl ist allerdings bei ca. 99.155. Diese Zahl stammt aus der „Ortsteilbezogene Statistik 30.06.2023″ Demnach haben aktuell 99.155 Menschen einen Hauptwohnsitz in Schwerin, zählen also als Einwohner der Landeshauptstadt. Es fehlen also weniger als 900 Menschen, die sich entscheiden ihren Wohnsitz in Schwerin zu nehmen, damit Schwerin formal eine Großstadt wird.

Kurzfassung: 
In Schwerin, der einzigen deutschen Landeshauptstadt ohne Zweitwohnungsteuer, gibt es Überlegungen, diese Steuer einzuführen. Die Stadt hat derzeit etwa 99.155 Einwohner, und es wird diskutiert, ob die Zweitwohnungsteuer helfen könnte, die Einwohnerzahl zu steigern, um die Schwelle zur Großstadt (100.000 Einwohner) zu überschreiten. Die Steuer wird von Personen gezahlt, die neben ihrer Hauptwohnung eine weitere Wohnung haben, und könnte dazu führen, dass Menschen ihren Hauptwohnsitz nach Schwerin verlegen, um die Steuer zu vermeiden. In anderen Städten hat die Einführung dieser Steuer zu einem Anstieg der Einwohnerzahlen geführt. Die Stadtverwaltung Schwerin ist jedoch skeptisch bezüglich der Effektivität und des Verwaltungsaufwands dieser Steuer. Die Zweitwohnungsteuer könnte auch zu mehr freien Wohnungen führen, insbesondere bei kleineren und günstigeren Wohnungen. Die Stadtvertretung wird sich mit dem Thema in einer Dezembersitzung beschäftigen. 

Langfassung:

Zweitwohnungsteuer in Schwerin: Ein Weg zur Großstadt und mehr Gerechtigkeit?

Die Zweitwohnungsteuer ist eine kommunale Abgabe, die von Personen erhoben wird, die neben ihrer Hauptwohnung eine weitere Wohnung innehaben. In den letzten Jahren haben viele Städte diese Steuer eingeführt, um die Wohnungsnot zu bekämpfen und die Einnahmen der Kommunen zu erhöhen. Alle Landeshauptstädte in Deutschland von Schlewig Holstein bis nach Süden in Bayern haben eine Zweitwohnsitzsteuer, teils bereits vor über einem Jahrzehnt eingeführt.

Einzige Landeshauptstadt ohne Zweitwohnsitzsteuer

2.688 Menschen haben in Schwerin einen Mietvertrag, eine Wohnung, und zählen dennoch nicht als Einwohnerinnen und Einwohner der Stadt. So steht es in den aktuellen statistischen Angaben der Stadt. Der Grund: Trotz dessen dass die 2688 in Schwerin wohnenden sich in Schwerin regelmäßig aufhalten, die Infrastruktur der Stadt nutzen, sich in der Regel mehr als 6 Monate in Schwerin aufhalten – haben sie ihren Hauptwohnsitz außerhalb der Schweriner Stadtgrenzen.

Schwerin ist die einzige Landeshauptstadt in der Bundesrepublik Deutschland, die diese Zweitwohnsteuer, die in der Regel bei 10 bis 15 % des Mietpreises liegt, nicht eingeführt hat. Der Zweitwohnsitzende hätte bei 10 % eben monatlich 1/10 seines Mietpreises an die Stadt zu zahlen. Wer also eine Miete von 550 € hat, würde 55 € zahlen, wer 1000 € Miete zahlt, würde 100 € zahlen. Wer seinen Hauptwohnsitz nach Schwerin verlegt, muss die Steuer nicht zahlen.

Die ASK Schwerin schlägt nun die Einführung einer derartigen Steuer vor, aber nicht um in erster Linie Mehreinnahmen für die Stadt zu erzielen, sondern die Einwohnerzahl zu erhöhen und eventuell freie Wohnungen zu ermöglichen.

Plötzlich Großstadt? ASK setzt Fokus auf Nebeneffekte durch Zweitwohnsitzsteuer

In Schwerin könnte die Einführung einer Zweitwohnungssteuer zu einem interessanten Ergebnis führen. So spekuliert die ASK Schwerin zumindest. Es bestehe demnach die Möglichkeit, dass die Zweitwohnungssteuer dazu führen könnte, dass mehr Menschen ihren Hauptwohnsitz nach Schwerin verlegen, um der Steuer zu entgehen. Dies könnte Schwerin formal zur Großstadt werden lassen. Dabei stützt sich die ASK auf Daten anderer Städte die eine Zweitwohnsitzsteuer eingeführt haben.

Einwohnerzahl in anderen Städten schnell gestiegen

Beispiels Krefeld (ähnliche Einwohnerzahl wie Schwerin) hatte im Jahr 2015 etwa 6400 Menschen mit Nebenwohnsitz gemeldet. Nach Erhebung der Steuer 2017 habe sich die Zahl der Zweitwohnsitze auf 500 reduziert und eingepegelt, und die Zahl der Einwohner der Stadt sei nach Erhebung der Zweitwohnungssteuer um 4000 gewachsen. Zwei Drittel der bis dahin nur mit Nebenwohnsitz gemeldeten, hätten demnach ihren Hauptwohnsitz in der Stadt angemeldet. Auch in anderen Städten die eine Zweitwohnsitzsteuer eingeführt haben, sei die Zahl derer die wegen der Steuervermeidung ihren Nebenwohnsitz zum Hauptwohnsitz gemacht haben, immer über 50 % gewesen.

Großstadt Schwerin möglich

Von 2688 Menschen mit Zweitwohnsitz müsste nur die Hälfte entscheiden ihren Hauptwohnsitz nach Schwerin zu verlegen, und Schwerin wäre Großstadt. Wer die 10 % Aufschlag, die in allen anderen Landeshauptstädten schon lange Normalität ist, nicht zahlen will, kann dies durch den Tausch des Haupt- und Nebenwohnsitzes unproblematisch umgehen.

Wenn sich also auch in Schwerin zwei Drittel der aktuellen Nebenwohnsitzenden aufgrund einer Steuervermeidung für einen Erstwohnsitz Schwerin anmelden, wären das 1600 Menschen, 1600 Schwerinerinnen und Schweriner mehr – und Schwerin somit Großstadt.

Mehr Geld für den Haushalt der Stadt

Neben einer Einnahme von um die 100.000 Euro und über eine Million Euro mehr durch Schlüsselzuweisung des Bundes an Schwerin, sei auch mehr Geld für den Schweriner Haushalt zu erwarten. Gegebenenfalls sogar deutlich mehr – schätzt die ASK. Geld das die Landeshauptstadt Schwerin gut gebrauchen kann. Die Verwaltung sieht dass anders und geht davon aus, dass der Aufwand die Steuer einzutreiben, gemessen an den Einnahmen nicht passabel wäre. So würden 4 Vollzeitstellen benötigt.

Großstadt hätte zudem weitere Vorteile. So würde Schwerin in vielen Statistiken und Studien nicht auftauchen, da die Zahl der Einwohner unter 100.000 liegt. Auch das Image, eine Großstadt zu sein, würde Schwerin attraktiver machen. Es gäbe Fördermittelprogramme auf die bisher lediglich und hauptsächlich Großstädte zugreifen können.

Positive Effekte für Schwerins Wohnungsmarkt?

Darüber hinaus könnte die Zweitwohnungsteuer paradoxerweise zu mehr freien Wohnungen führen. Wenn Menschen ihren Zweitwohnsitz aufgeben, um die Steuer zu vermeiden, könnten dadurch Wohnungen frei werden. Und dies könnte gerade kleine, günstige Wohnungen frei werden lassen, die aktuell Mangelware sind. Dies könnte wiederum dazu führen, dass mehr Menschen nach Schwerin ziehen, was die Stadt weiter wachsen lässt.

Es bleibt abzuwarten, wie sich die Einführung der Zweitwohnungsteuer in Schwerin auswirken könnte. Die Stadtvertretung soll sich mit dem Thema auf der Dezembersitzung beschäftigen, dann nämlich wird die ASK einen entsprechenden Antrag stellen.


Kleiner Funfakt. Im Rahmen der Recherche ist uns ein grober Fehler in der Prognose des Landes MV zur Bevölkerungsentwicklung in Schwerin aufgefallen. Schaut einfach mal auf Seite 35 des verlinkten Dokumentes nach. Wer den Fehler findet darf ihn gerne einen Politiker seines Vertrauens melden.



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