(stm/ Kommentar – Live aus der Stadtvertretung) Nach einer hitzigen Debatte hat Stadtvertretung der Landeshauptstadt Schwerin zu der Vergnügungssteuer entschieden. Nach mehreren Redebeiträgen, dass die Steuer weg kann, und zwar gänzlich kam es kurz vor der Abstimmung zu einem nur schwer zu erklärenden Sinneswandel. Es scheint als hätten einige die Anträge nicht gelesen… und erst während der Sitzung den Inhalt der Anträge verstanden.
Hinweis: Echtzeitberichte aus der Stadtvertretung werden am Folgetag überarbeitet.
Die politische Debatte – eigentlich sagten fast alle außer SPD „kann man streichen“ …
Die CDU sagte über Stadtvertreterin Silvia Rabethge – sie wolle die Steuer gänzlich abschaffen. Sie wolle die Clubs und Veranstalter unterstützen, das „zarte Pflänzchen“ der Clubszene nach den Coronajahren unterstützen. Die Steuer sei nicht zielführend. Sie wolle den Betreibern von Clubs keine Steine in den Weg legen. Die Steuer sei sowas von 90er Jahre. Sie betonte dass selbst die Verwaltung sich schwer tue die Steuer zu rechtfertigen. Um Ungleichbehandlung zu verhindern müsse die Steuer ausbleiben.
Martin Neuhaus von den Grünen stimmte der CDU zu. Er berichtete über eine Ausschussberatung in der Kosten und Nutzen in keinem Verhältnis stehe. Die Clubszene habe es schwierig. Er und seine Fraktion lehnen das ab. Die Steuer sei nicht aus dem 90ern, man müsse sie abschaffen.
Bernd Schulte von der SPD sah das anders. Er würde gerne mit Rabethge tanzen, steuerfrei. Deswegen wolle die SPD geldliche Tanzveranstaltungen aus der Satzung entfernen. Er wolle aber alle anderen Erhebungsmöglichkeiten beibehalten. Welche das sind, können Interessierte hier nachlesen: Sei SPD Kollege Deiters zeigte Verständnis die Tanzveranstaltungen auszunehmen. Doch eine gänzliche Streichung der Satzung halte er für falsch. Denn dann würde Glückspielautomaten nicht mehr über die Steuer belastet. Er plädierte für die Steuer, aber Streichung von Tanzveranstaltungen.
Der AfD Vertreter Beckmann stellte sich hinter die gänzliche Streichung der Vergnügungssteuer. Dennoch sei es ein Einnahmeverlust ohne Gegenfinanzierung. Ansonsten stelle er sich hinter dem CDU Antrag.
Dieter Tackmann von der FDP sagte, der Antrag sei überfällig und stelle sich auch gegen die Steuer. Auch er sehe kein Kosten-Nutzen Verhältnis. Er sei damals in seiner Jugend die Clubszene abgelaufen und habe es überlebt. Die Clubszene sei unattraktiv geworden. Jeder der in Schwerin eine Tanzveranstaltung mache, sollte einen Orden bekommen. Eine Steuer wäre für viele einen Grund dass die Veranstalter Schwerin unattraktiver finden würden und sie könne weg.
Auch die Linke meldete sich mit Herrn Böttger zu Wort. Die Leute sollten sich Vergnügen. Man könne sich bei der gesellschaftlichen Zeit freuen, wenn die Leute sich vergnügen. Gerade in diesen Zeiten. Auch er lehne die Steuer ab. Sein Linke Kollege Trepsdorf sagte, das kurzfristig wichtige müsse man vom langfristig wichtigen trennen. Es seien viele Gebühren erhöht worden in der Vergangenheit. Man müsse sich auch mal trotzt Haushaltskonsolidierung gegen derartige Steuern entscheiden.
Auch Heiko Steinmüller (Einzelstadtvertreter) meldete sich als Gastronom zu Wort. Er wollte eigentlich nicht nach vorne ans Micro gehen, aber es sei Wahlkampf… Kurz gesagt: Kosten Nutzen stehen in keinem Verhältnis, die Steuer könne weg.
Stadtverwaltung für Steuer
Silvio Horn der zuständige Finanzdezernent verfasst eine anderer Auffassung. Er wundere sich, wie Argumente, die widerlegt wurden, zur Abschaffung der Steuer genutzt werden. Die Verwaltung habe vorgelegt, dass es sehr wohl einen finanziellen Nutzen geben würde. Das Grundproblem sei die finanzielle Situation der Stadt. Es seien noch erhebliche Herausforderungen nötig um den Konsolidierungsvertrag einzuhalten. Die angestrebte Haushaltskonsolidiereung müsste eigentlich dazu führen, dass die Steuer erhalten bleibt. Er wies nochmal auf die „Haushaltsdisziplin hin.
… und dann plötzlich
Panik und plötzliche Erkenntnisse kurz vor der Entscheidung
Kurz vor der Abstimmung wurde die Sitzung nochmal für zwei Minuten unterbrochen. Es entwickelte sich erneut Beratungsbedarf (ist ja nicht so, dass wochenlang in den Fachausschüssen Zeit war…)
Plötzlich schienen einige Stadtvertreter die Anträge gelesen zu haben. So meldete sich Heiko Steinmüller nach der kurzen Pause und teilte mit, er habe den SPD Antrag gelesen. Er sei jetzt doch irgendwie für den SPD Antrag, der lediglich Tanzveranstaltung aus der Steuer streichen wolle. Auch die AfD meldete sich mit plötzlichen Erkenntnissen, und stellte fest, dass Spielautomatenbetreiber ohne Konzession ja auch von der Steuer belastet werden – aber davon habe Schwerin ja kaum welche. Gerd Güll bezeichnete die plötzliche Debatte und den Umschwung kurz vor der Abstimmung als „merkwürdig“.
Kann man so sehen.
Dann gegen 19:10 Uhr die Entscheidung.
Der CDU Antrag zur vollständigen Abschaffung der Vergnügungssteuer erhielt in der Abstimmung .folgendes Ergebnis – Dafür: 21 Dagegen: 22 Enthaltung: 1
Der SPD Änderungsantrag, wurde nun Abstimmung gestellt: mehrheitlich beschlossen. Ebenso die Vorlage der Stadt.
Der offizielle Beschluss lautet nun:
Die Stadtvertretung nimmt das nachfolgende Prüfergebnis zur Drs.-Nr. 00885/2023
zur Kenntnis und bestätigt gemäß Handlungsoption 6.1, dass in Schwerin auch
künftig eine Vergnügungssteuer für Vergnügungsveranstaltungen erhoben wird.
- Die Stadtvertretung beschließt die 1. Änderungssatzung zur Satzung über die
Erhebung einer Vergnügungssteuer für Vergnügungsveranstaltungen (Anlage 1)
einschließlich des Vordruckes zur Steuererklärung (Anlage 2).
Mit der Änderung der SPD: „Unter § 1 Abs. 2 der Satzung wird die Ziffer 1 (Entgeltliche Tanzveranstaltungen) ersatzlos gestrichen.“
Tanzveranstaltungen werden zukünftig nicht mehr versteuert. Immerhin. Für viele andere Vergnügungsveranstaltungen – die nach Ansicht des Autor dieses Echtzeit Berichtes – Raum für Interpretationen lassen, gilt sie weiterhin.
Was nun gilt
Was das genau bedeutet können Interessierte in der beschlossenen Fassung erlesen, die wir hier als PDF zum Download zur Verfügung stellen. BITTE BEACHTEN! Der Artikel 1 (entgeltliche Tanzveranstaltungen) ist gestrichen. Ansonsten ist dies jetzt die gültige Satzung. Ob die Stadtverwaltung nun, wie sie es an anderer Stelle sagt, Konzerte, Zoo & Co. durch die Hintertür besteuern werde ist offen und liegt wohl im Ermessenspielraum der Verwaltung.
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