(stm/ Kommentar)
In der Nacht von Freitag auf Sonnabend ist auf YouTube ein Video aufgetaucht, das in Schwerin für einiges an Gesprächsstoff sorgen könnte. In dem Video hat ein „Forscher“, einige recht „schräge“ Thesen über Schwerins Geschichte veröffentlicht, die Verschwörungstheoretiker und Freunde von Mythen und Mysterien in Wallung geraten lassen dürften. Unterhaltsam ist es, aber es ist auch nicht verwunderlich, dass der „Forscher“ und Autor mit seinen Theorien völlig alleine da steht. Sollen es doch nicht weniger als ägyptische Inspirationen sein, die der Schweriner Altstadt ihre Form gaben. Das Video wurde auf einem Kanal mit 50.000 Abonnenten veröffentlicht. Ein Grund für uns, sich dies einmal genauer anzusehen. Und als Liebhaber der Schweriner Stadtgeschichte – mussten wir nicht nur einmal die Stirn runzeln.
Verschwörungen und Mythenbastelei
Der Rostocker Herwig Brätz ist nach eigenen Angaben ein Forscher, der sich intensiv mit der Idee von „Astralstädten“ beschäftigt. Diese sollen Städte sein, die himmlische Konstellationen auf der Erde widerspiegeln. In Bezug auf Schwerin hat er einige interessante Theorien und Beobachtungen gemacht, über die er in dem Video berichtet.
Er spricht über die Stadtgründung Schwerins und wie Städte nach bestimmten Prinzipien aufgebaut wurden. Im Plan der Landeshauptstadt seien diverse Bilder verschlüsselt. Von der Sphinx bis zum Mithraskult gäbe es Bezüge. Insbesondere diskutiert er die Verbindung der Stadt Schwerin zu alten ägyptischen Mythen und Symboliken. Er stellt die Hypothese auf, dass die Stadtplanung und Architektur von Schwerin Einflüsse und Inspirationen aus diesen alten Mythen und Symbolen aufweisen.
Schwe(r)in – trinkt Blut einer Ziege?
Eine These baut auf dem Kalauer auf, das „R“ in Schwerin wegzulassen. Dann hat man nämlich das Wort Schwein. Der Forscher, der seine Thesen übrigens in einem Buch niedergeschrieben hat, hat auf der Stadtkarte Schwerin einen Schweinekopf im Grundriss der Straßenzüge ausgemacht. Dieser Schweinekopf zeigt mit dem Ohr auf den Schweinemarkt. Dort stehen drei Statuen von Schweinen, die aus einer Schale trinken. Malt man diese Schale, die später als Becher bezeichnet wird, nun auf die Stadtkarte, würde das gezeichnete Schwein dort trinken, wo das Weinhaus Wöhler steht. Irre? Es geht noch weiter. Das Schwein würde kein Wasser trinken, sondern Blut, das Blut einer geopferten Ziege. Und der Becher, der sei sogar ein Gral, vielleicht sogar der „heilige Gral“?

Die mystische „Planungskommission“
Vor Jahrhunderten, irgendwo in Schwerin, kam eine, wie der Forscher es nennt, „Planungskommission“ zusammen und hat die Struktur der Stadt durchgeplant. Alles abgeleitet vom Wort Schwein bzw. dem Wort Henricus – was ein Anagramm zu Schwerin sei. Henricus ist der lateinische Name des „Stadtgründers“ Heinrich… Die Stadt wäre innerhalb von einer Woche durchgeplant worden und das ganze hält nun schon über 500 Jahre lang… Und diese Planungskommission, so stellt sich später im Video heraus, sei unter anderem die Freimaurerloge der Stadt gewesen. Sie hätten bei der Gründung der Stadt mächtig einen gebechert und viel getrunken…
Stellt die Schweriner Altstadt eine Sphinx da?
Nach der Theorie des Autors sei Schwerin, also der Name, ein Anagramm zu „Swinchs – Re“ – ausgesprochen Sphinx. Und nun kommt es, die Altstadt, so zeigt er sich sicher, stelle den Kopf der Sphinx dar. Und das Schloss, die Burg, sei die Sonne (Re). Heinrich der Löwe war demnach im Heiligen Land und hätte halt einen Abstecher nach Ägypten gemacht. Dort habe er dann die Sphinx gesehen und sich dadurch inspirieren lassen. Die Altstadt ist also der ägyptischen Sphinx nachempfunden. Der Dom steht an der Stelle, wo die Sphinx das Maul hat.

Das Opferlamm, eine Ziege wird zum Stier
Daneben finden sich eine ganze Menge weitere ägyptische Symbole. Aber auch die alten Griechen seien als Inspiration für die Schweriner Stadtplanung genutzt worden. So sei die alte Schelfstadt dem Körper eines Tieres nachempfunden. Und zwar einer Ziege. Und dort, wo die Stadtplaner den Fuß der Ziege platziert haben, ist der Ziegenmarkt. Das Ganze wird dann weitergetrieben, zum Opferlamm, dessen Blut in den Gral fließen würde. Das Blut symbolisiert aber Wein – und da wären wir bei einer der Kernbotschaften, die Stadtgründer hätten gerne viel getrunken und dabei eben die ganzen Ideen gehabt.

„Forscher“ steht alleine mit seinen Ansichten
Der „Forscher“ und Autor habe sich in der Vergangenheit mit vielen Menschen zu dem Thema austauschen wollen, doch weder bei Studenten, Historikern oder auch Ägyptologen sei er auf offene Ohren gestoßen. Er steht mit seinen Erkenntnissen und Theorien weitesgehend alleine da. Naja, er und die Fans des Youtube Kanals, der des öfteren „Grenzwissenschaften“ und Verschwörungsmythen veröffentlicht.
Kommentar:
Unterhaltsam ist es auf jeden Fall. Doch ernst zu nehmen ehr weniger. Doch nun hat Schwerin endlich eigene Verschwörungsthelorien. Obwohl, wer weiß, vielleicht stecken ja doch die Freimaurer oder gar die Temeplritter hinter der Stadtgründung… Eines ist klar, die Stadtgheschichte muss nicht neu geschrieben werden, und man sollte das Video weder als historische Quelle, noch als Bildungsvideo betrachten – sondern maximal als Unterhaltung. Und das war es. Unterhaltsam und schräg.
Wer sich tatsächlich zu dem offiziellen Stand der Stadtgeschichte Schwerins informieren will kann sich übrigens hier einige um Meilen besser belegte Quellen und Informationen einholen, denn Schwerin ist auch ohne verdrehende Fakten und krative uminterpretationen mit einer spannenden Stadtgeschichte gesegnet:



















