(stm)

Artikel als Audiodatei, stark verkürzt und in „Einfacher Sprache“:

In einem Nachtrag eines Protokolls des Hauptausschusses, das die Stadt Schwerin vor wenigen Tagen veröffentlich hat, lässt sich ein interessanter und seltener Einblick in die „Kommunikation“ zwischen Oberbürgermeister Dr. Rico Badenschier und dem Innenministerium zur Erhöhung von Kapazitäten in der Erstaufnahmeeinrichtung Stern Buchholz entnehmen. Die entsprechenden Dokumente sind unten im Beitrag verlinkt.

OB Badenschier gegen weitere Erhöhung der Kapazitäten

Bereits im Mai wandte sich Oberbürgermeister Dr. Rico Badenschier mit einem klaren Schreiben an den Innenminister Christian Pegel. Darin äußerte er deutliche Bedenken gegenüber der geplanten Kapazitätserhöhung in der Erstaufnahmeeinrichtung Stern Buchholz. „Die Landeshauptstadt Schwerin hat sich in ihrer Sitzung am 29.04.2024 mit dieser Thematik beschäftigt. Bedauerlicherweise haben die Pläne zur Kapazitätserweiterung die Landeshauptstadt Schwerin nicht offiziell erreicht.“ Er machte deutlich, dass die Belastung für Schwerin bereits hoch ist und er „sich gegen eine über die aktuell geplante Erweiterung hinausgehende Erhöhung der Kapazitäten in Stern Buchholz“ ausspreche. Dr. Badenschier forderte eine gerechtere Verteilung der Verantwortung auf die umliegenden Landkreise.

Der Oberbürgermeister verwies auf § 6 Abs. 3 der Zuwanderungszuständigkeitslandesverordnung M-V, der eine Pflicht der Landkreise und kreisfreien Städte zur Aufnahme von Geflüchteten regelt. Sollte die Kapazität in Stern Buchholz auf über 400 Plätze erweitert werden, müsse laut Badenschier auch der Prozentsatz der Verteilung deutlich erhöht werden, damit Schwerin nicht noch stärker belastet wird.

Innenministerium weiß nichts von „Verdoppelung“ der Platzzahlen und spricht von „ausdrücklichen Wunsch“ der Stadt.

Im Juni folgte die Antwort des Staatssekretärs Wolfgang Schmülling. Er bedankte sich zunächst für das Verständnis der schwierigen Situation und bestätigte, dass die Landesregierung ihre Kapazitäten ausbauen müsse. „Nur so können wir auch weiterhin dafür Sorge tragen, dass diese Menschen nicht sofort und direkt weiterverteilt werden.“ Allerdings stellte Schmülling klar, dass von einer Verdopplung der Plätze in Stern Buchholz keine Rede sei und die Maßnahmen nur zur Bewältigung der gestiegenen Flüchtlingszahlen notwendig seien. Eine neue Erkenntnis brachte Schmülling dann in seiner Antwort hervor: „In diesem Zusammenhang darf ich aber auch noch einmal in Erinnerung rufen, dass es der ausdrückliche Wunsch der Landeshauptstadt Schwerin seinerzeit war, aus der Erstaufnahmeeinrichtung des Landes in Nostorf-Horst Flüchtlinge in die Immobilie Stern Buchholz zu bekommen.“

Weiter Griff in die Vergangenheit. OB Badenschier dementiert.

Dr. Badenschier reagierte im Juli auf diese Aussage mit Verwunderung. „Mit großer Verwunderung habe ich Ihr Anschreiben vom 19. Juni 2024 erhalten.“ Er stellte klar, dass die Stadt Schwerin keinesfalls eine solche Kapazitätserweiterung gewünscht habe. Er verwies auf die Ereignisse von 2014, als die damalige Oberbürgermeisterin Angelika Gramkow telefonisch über die geplante Nutzung der Außenstelle in Stern Buchholz informiert wurde. „Tatsächlich stellt es sich so dar, dass die damalige Oberbürgermeisterin, Frau Gramkow, im Dezember 2014 telefonisch über die geplante Außenstelle der Erstaufnahmeeinrichtung in Stern Buchholz durch den damaligen Staatssekretär, Herrn Lenz, informiert wurde.“

Damals wie heute habe die Stadt nur eingeschränkt Einfluss auf diese Entscheidungen gehabt. Badenschier forderte daher, künftig frühzeitiger in die Entscheidungsprozesse einbezogen zu werden. „Meine Erwartung an die Landesebene ist, künftig rechtzeitig in die Entscheidungsprozesse eingebunden zu werden,“ hieß es in seinem Schreiben.


Kommentar: Erstaunlich amateurhaft

Es ist schwer zu glauben, dass die Kommunikation zwischen der Stadt Schwerin und der Landesregierung derart mangelhaft ist. Der Austausch zu sensiblen Themen wie der Kapazitätserweiterung der Erstaufnahmeeinrichtung Stern Buchholz funktioniert schlichtweg nicht. Die Stadt fühlt sich übergangen, das Land behauptet, Schwerin sei involviert gewesen – ein endloses Hin und Her.

Man fragt sich, wie eine so wichtige Entscheidung, die nach Schwerin Geflüchtete und hier Lebende betrifft, derart unprofessionell abgewickelt werden kann. Die Argumente verpuffen, die Kommunikation wirkt dilettantisch, und niemand scheint den nötigen Ernst in den Prozess zu bringen. Ein Trauerspiel.

Dennoch ist die Veröffentlichung ziemlich interessant. Wegen der „Zwischeninformationen“. Spricht OB Badenschier doch hier offen über Überlastung des Jugendamtes und einen Zusammenhang zwischen Unterbringung von Flüchtlingen in Stern Buchholz und einem erhöhten Kriminalitätsaufkommen.


Hier kann das im öffentlichen Teil hinterlegte Dokument eingesehen und heruntergeladen werden:

Quelle: https://bis.schwerin.de/getfile.asp?id=225625&type=do


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