(stm) Unglaublich für einige, dass das dritte Jahrtausend unserer „Zeitrechnung“ schon ein Vierteljahrhundert alt ist. Zum Start des neuen Jahres haben wir uns etwas besondere für unsere Leserinnen und Leser einfallen lassen. Wir schauen in diesem Beitrag auf das Schweriner Jahr 1925 – also genau 100 Jahre zurück.

Das Jahr 1925 brachte Schwerin einige Neuerungen sowie positive aber auch negative Entwicklungen. Im Folgenden werden die in den Augen des Autors wichtigsten Ereignisse dieses Jahres vorgestellt. Stadtentwicklung, Soziales und Politik sowie Kultur wurden dabei besonders betrachtet. Die diesem Beitrag zur Grund liegenden Quellen haben wir am Ende des Beitrages aufgelistet. Viel Vergnügen.


Stadtentwicklung

Arbeiten am Pfaffenteich – 100 Jahre „Südufer“


Die Ufer des Pfaffenteichs wurden umfassend umgestaltet. Die Pfaffenteichterrasse erhielt eine Balustrade mit Blumenkästen. Ein Promenadenweg wurde verbreitert, und das Ufer mit Betonquadern befestigt. Diese Arbeiten verbesserten die Aufenthaltsqualität erheblich. Für den Besuch des Reichspräsidenten Paul von Hindenburg am 13. September 1925 wurden die neu gestalteten Ufer feierlich präsentiert. Um die Flächen schnell zu begrünen, wurde Gerste gesät. Währenddessen entstanden durch abgesenkte Wasserstände Schlamminseln im Pfaffenteich, die später entfernt wurden.

Hundert Jahre Zippendorfer Sandstrand


Am Zippendorfer Strand wurde durch umfangreiche Arbeiten die Infrastruktur verbessert. Der Strand wurde durch Spenden der Anwohner mit Seesand aufgeschüttet, und die Promenade wurde verlängert. Insgesamt wurden 600 Meter Strand neu gestaltet. Der Sand wurde bis zu drei Meter weit ins Wasser geschüttet, was den Flachwasserbereich vergrößerte. Die Maßnahmen wurden in mehreren Phasen umgesetzt. Die erste Aufschüttung begann im Herbst 1924, weitere Arbeiten folgten 1925. Neue Sitzgelegenheiten und bepflanzte Flächen erhöhten den Komfort. Der Strand wurde ein beliebter Ort für Erholung und zog zunehmend Besucher aus der Umgebung an. Die Kosten in Höhe von rund 15.000 Reichsmark wurden größtenteils durch Spenden gedeckt. Die Aufwertung des Strandes kam nicht von ungefähr, so wurde 1925 die Straßenbahnlinie bis Zippendorf verlängert.

Einbahnstraßen wegen „Häufung“ von Automobilen


1925 wurden die ersten „offiziellen“ Einbahnstraßen für Automobile in Schwerin ausgewiesen. Die Helenenstraße, Martinstraße und Schmiedestraße wurden demnach als „Einbahnstraßen“ ausgewiesen, um den Verkehr sicherer und effizienter zu gestalten. Die Maßnahme war Teil einer neuen Straßenverkehrsordnung, die ab 1915 auf das zunehmende Verkehrsaufkommen von Automobilen in der heutigen Altstadt reagierte.

Autobauer „Ford Motor Company“ in Schwerin?


Anfang des Jahres 1925 waren Bestrebungen im Gange, in Görries eine Autofabrik anzusiedeln. Dabei handelte es sich um Ford. Die Versuche wurden allerdings dann im November des Jahres von Seiten des Autobauers krachend zu einen Ende gebracht. In einem Schreiben der Firma an die Stadt hieß es, dass Schwerin zu wenige Einwohner für ein so ambitioniertes Projekt habe. Zudem sei es unwahrscheinlich, sowohl ausreichend geschultes als auch ungeschultes Personal in der Stadt zu finden. Ford ließ sich im August 1925 ins deutsche Handelregister eintragen. Das Werk wurde seinerzeit dann nicht in Schwerin gebaut, sondern in Berlin.


Soziales, Politik und Gesellschaft

Wohnungsbau, Wohnungsnot und Arbeitslosigkeit


Die Wohnungsnot war eines der drängendsten Themen des Jahres. 1925 waren in Schwerin 1.744 Wohnungssuchende registriert, darunter 1.066 Familien. Bis März 1926 stieg diese Zahl auf 2.518. Gleichzeitig wurden neue Wohnungen gebaut: Insgesamt entstanden 139 Einheiten, darunter Zwei-, Drei- und Vierzimmerwohnungen. Viele Bauprojekte fanden in neu erschlossenen Stadtteilen wie Zippendorf statt und wurden durch städtische Zuschüsse unterstützt. Die Wismarsche Straße wurde gen Norden verlängert.

Bevölkerungsentwicklung


Die Volkszählung am 16. Juni 1925 ergab 46.258 Einwohner in Schwerin (andere Quellen geben 48.157 Einwohner an). Dies war ein Zuwachs von 1.024 Personen seit der letzten Zählung im Jahr 1919. Von diesen Einwohnerinnen und Einwohnern waren 1.340 als arbeitslos gemeldet. Angestellte und Beamte bildeten schon damals die Mehrheit mit knapp 14.000 Personen. Der Rest war beschäftigt im Handwerk, Handel beziehungsweise arbeitete als Freiberufler.

Politik und erstarkende nationalistische Propaganda – Hindenburg und Goebbels in Schwerin


Das politische Schwerin 1925 war geprägt von einer komplexen Landschaft aus bürgerlichen und linken Bewegungen. Parteien wie die Deutschnationale Volkspartei und die Deutsche Demokratische Partei vertraten die Interessen von Großgrundbesitzern und Industrie, während die KPD und Gewerkschaften die Rechte der Arbeiterschaft stärken wollten. Die wirtschaftliche Unsicherheit der Weimarer Republik schuf ein Spannungsfeld, in dem konservative, liberale und sozialistische Kräfte um Einfluss rangen, was Schwerin zu einem Zentrum politischer Auseinandersetzungen machte.

Im September 1925 kam der frisch gewählte Reichspräsident Pauls von Hindenburg quasi auf „Durchreise“ auch nach Schwerin, was den Nährboden für die konservativen Kräfte in der Stadt stärkte. Im Dezember 1925 kam zudem auch der spätere Reichspropagandaminister Joseph Göbbels nach Schwerin – er war einer der ersten der bereits im Jahr 1925 der von Hitler neugegründeten NSDAP beitrat und in dem Jahr über 180 mal öffentlich auftrat, so auch in Schwerin. Die Schweriner Gesellschaft driftete in dem Jahr weiter nach rechts. Wohin dies in den nächsten Jahren führte, ist bekannt. Wehret den Anfängen, kann man da mit Blick auf das nun startende Jahr 2025 nur sagen.


Kultur

Kulturelle Entwicklungen


In der Schlachterstraße wurde die Volksbücherei mit Lesesaal eröffnet. Sie ermöglichte den Zugang zu Büchern und förderte die Bildung der Bevölkerung. Außerdem gründete die Pianistin Elisabeth Lange das „Schweriner Musikseminar“, das später, so kann man es durchaus betrachten, zum Konservatorium wurde. Es zog Schüler aus Schwerin und der Region an und spielte eine zentrale Rolle in der musikalischen Ausbildung.

Kulturell gab es einen weiteren interessanten und wichtigen Punkt für das Kulturleben in Schwerin. So befand sich im Jahr 1925 der Vorläufer der Stadtbibliothek im ersten Jahr seiner Existenz. Kulturell also ein für Schwerin durchaus spannendes Jahr.

Auch wurde im Jahr 1925 die Idee einer „Niederdeutschen Bühne“ geboren. Plattdeutsches Theater in Schwerin wurde in dem Jahr auf den Weg gebracht. Ein Jahr später startete dann dieses Projekt, dass bis vor wenigen Jahren in Schwerin verblieb.

Unterschätzte Schweriner Persönlichkeiten mit Verbindung zum Jahr 1925

Zum Abschluss wollen wir in dem Beitrag noch vier Persönlichkeiten vorstellen, die in dem Schweriner Bewusstsein eher weniger verankert sind – und in der einen oder anderen Weise mit dem Jahr 1925 in verbindung stehen.


Im Jahr 1925 trat der Schauspieler Richard Spethmann an die Leitung des Staatstheaters in Schwerin heran und schaffte es, über das Jahr die Gründung der niederdeutschen Bühne in Schwerin zu initiieren. Bereits 1926 konnte er dann die Eröffnung der niederdeutschen Bühne als Spielleiter in Schwerin umsetzen.

Die Schriftstellerin Hedwig Rodatz-Mass, in Schwerin geboren und dort verstorben, veröffentlichte 1925 ihr plattdeutsches Werk „Meister Krischan un sin Hus“. Neben ihrem plattdeutschen Werken hatte sie sich mit Werken wie „Wider der Tierfolter“ als eine Tierschützerin einen Namen gemacht. Ebenfalls in dem Jahr 1925 arbeitete die Schweriner Schriftstellerin Sophie Kloerss an einem ihrer letzten Werke „Der Duvenhof“, das dann 1926 – nur ein Jahr vor ihrem Tod – erschien.

Im Jahr 1925 urteilte einer der damals renommiertesten Musikkritiker, Albert Noelte, über die Schweriner Schauspielerin und Sängerin Ursula van Diemen: „Eine weitere hervorragende Sängerin […] ist Ursula van Diemen, die bei ihrem ersten Auftritt in München das Publikum im Sturm eroberte … Ihre Interpretation von Liedern mit meditativem Charakter hat etwas ungemein Berührendes. Die Stimme findet ihren entsprechenden Widerhall in den Emotionen einer warmherzigen und außergewöhnlich kultivierten Persönlichkeit.“

Im Jahr 1925 wurde in Schwerin der Mathematiker Hanno Rund geboren. Er war ein international anerkannter Mathematiker. Er spezialisierte sich auf Differentialgeometrie, insbesondere die Finsler-Geometrie, und die Variationsrechnung. Seine Arbeiten fanden Anwendung in der theoretischen Physik, etwa in der dynamischen Systemanalyse. Mit Werken wie „The Differential Geometry of Finsler Spaces“ und „Hamilton-Jacobi Theory in the Calculus of Variations“ prägte er sein Fachgebiet nachhaltig. Rund lehrte an Universitäten in Südafrika, Kanada und den USA, bildete zahlreiche Mathematiker aus und erhielt bedeutende Auszeichnungen, darunter die Ehrenpromotionen der Universitäten Natal und Waterloo


Für diesn Beitrag verwendete Quellen:

Chronik der Stadt Schwerin, Udo Brincker ISBN: 978-3-9814380-2-4

Schweriner Reihe, Schweriner Geschichte, Ralf Wendt sowie t

Schwerin, Manfred Krieck

150 Schweriner, Jürgern Borchert

Schwerin, Historische Karten und Pläne, Landeshauptstadt Schwerin

Netzrecherche, Wikipedia


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