(stm) Nach dem Angriff am vergangenen Dienstag, bei dem ein 17 jähriger Jugendliche starb, ist die Stimmung in Schwerin spürbar angespannt. Der Tatverdächtige ist nach wie vor auf der Flucht. Sahar spricht über Angst, Wut, Suche und Solidarität nach der Messerattacke.
Die Nachricht vom tödlichen Messerangriff auf einen 17-jährigen Afghanen am Schlosspark-Center hat viele Menschen in Schwerin erschüttert. Wir sprachen mit Sahar, 18 Jahre alt, seit 7 Jahren in Schwerin zu Hause und – wie das Opfer – aus Afghanistan stammend. Sahar macht derzeit eine Ausbildung in Schwerin. Der gewaltsame Tod des Jugendlichen hat Sahar tief bewegt.
„Ich kann es nicht fassen. Er war in meinem Alter, hatte sein ganzes Leben noch vor sich. Und jetzt ist er tot. Es hätte genauso gut mich treffen können.“ In seinem Freundeskreis, der aus in Deutschland und im Ausland geborenen Jugendlichen und jungen Erwachsenen besteht, ist der Angriff von Dienstag ein ernstes Thema.
„Wenn wir helfen, die Person zu finden, die das getan hat, werden vielleicht einige verstehen, dass die Mehrheit der Leute von außerhalb gute Menschen sind.“
Angst und das Gefühl, unter Beobachtung zu stehen
Sahar und viele andere Jugendliche mit Migrationshintergrund fühlen sich in diesen Tagen unsicher. Sie meiden es, allein durch die Stadt zu gehen. Doch es ist nicht nur die Angst vor weiteren Angriffen – es ist auch das Gefühl, plötzlich unter besonderer Beobachtung zu stehen.
„Man merkt, dass die Leute einen anders ansehen. Als gäbe es nur ,Bio-Deutsche‘ und dann eben „die anderen“ . Dabei wollen wir einfach nur in Ruhe unser Leben leben und unseren Teil beitragen. Ich fühle mich hier wohl in Schwerin.„
Was Sahar besonders verletzt, ist, dass kaum jemand über das Opfer spricht. „Die Menschen schauen nicht, wer Opfer oder Täter war. Es scheint vielen egal zu sein – es geht nur darum, dass der Täter ,ausländisch‘ ist. Dass der ermordete Jugendliche Afghane war, wird kaum bis gar nicht thematisiert.“
Doch an Rückzug ist für Sahar nicht zu denken. Stattdessen geht Sahar in die Offensive. Das Phantombild wird herumgezeigt, das Geschehen mit Freunden besprochen. „Wir wollen diesen Täter finden – wie alle anderen auch.“
„Wir dürfen nicht einfach schweigen“
Trotz der Trauer will Sahar aktiv helfen, den Täter zu finden. „Die Polizei bittet um Hinweise. Ich hoffe, dass sich jemand meldet. Wenn ich wüsste, wer es war, würde ich es sofort sagen.“ Sahar und Freunde sprechen über den Fall, teilen Informationen in Gruppen und versuchen, wachsam zu bleiben. „Wir dürfen nicht einfach schweigen und so tun, als ginge uns das nichts an. Dieser Junge war einer von uns. Ich hoffe, dass derjenige, der das getan hat, bald gefunden wird“, sagt Sahar entschlossen.
„Schwerin ist mein Zuhause – ich will mich hier sicher fühlen“
Obwohl in Afghanistan geboren, ist das Geburtsland für Sahar kaum noch präsent. Schwerin ist das Zuhause geworden. Hier aufgewachsen, hier zur Schule gegangen, hier leben die Freunde. „Ich liebe diese Stadt. Sie gehört zu mir – genauso wie jeder andere, der hier lebt.“ Doch der Mord hat vieles verändert. „Ich will mich hier wieder sicher fühlen können. Niemand sollte Angst haben müssen, einfach durch die Stadt zu laufen.“ Sahar hofft, dass die Polizei den Täter bald fasst.
Hinweis: Name ist der Redaktion bekannt und wurde geändert















