(stm)

Die Landeshauptstadt Schwerin könnte bald einen umfassenden Plan gegen die zunehmende soziale Spaltung in der Stadt erhalten. Ein Antrag der SPD-Fraktion, der aktuell in den Fachausschüssen diskutiert wird, sieht konkrete Maßnahmen und die Entwicklung eines Konzeptes vor, um die räumliche Trennung sozialer und ethnischer Gruppen in Schwerin zu bekämpfen.

Schwerin und Segregation: Ein historisch-strukturelles Problem

Schwerin, steht wie viele ostdeutsche Städte vor den Folgen von Abwanderung und sozialer Polarisierung. Nach der Wende verlor die Stadt rund 20 % der Einwohner, was zu Leerstand und Konzentration sozial benachteiligter Gruppen in bestimmten Vierteln führte. Der Stadtteil Mueßer Holz, gilt seit Jahren als sozialer Brennpunkt. Laut einer Studie des (2023) liegt hier die Arbeitslosenquote bei 12 % (Landesdurchschnitt: 6,8 %), und über 40 % der Haushalte beziehen Transferleistungen.

Hinzu kommt eine Bildungssegregation: Schulen im Mueßer Holz verzeichnen einen hohen Anteil an Schüler mit Migrationshintergrund (35 %) sowie aus einkommensschwachen Familien. Lehrkräfte berichten von Sprachbarrieren und fehlenden Ressourcen – ein Teufelskreis, der die soziale Mobilität erschwert.

Auf der anderen Seite gibt es Wohngebiete in denen der Migrationsanteil bei unter 1 % liegt, und hauptsächlich Bedderverdienende leben. Ein Austausch und Kontakt zwischen den Bevölerkungsschichten findet in Schwerin immer weniger statt. Dies birgt die Gefahr einer Verschärfung der sozialen Spaltung – mit allen Nachtteilen für die Stadtgesellschaft.

Warum jetzt? Die aktuelle Zuspitzung

Ausschlaggebend für den SPD-Antrag ist die geplante Erweiterung einer Gemeinschaftsunterkunft für Geflüchtete in der Hamburger Allee. Die Kapazitäten sollen verdoppelt werden, was Befürchtungen schürt, die ohnehin prekäre Lage im Viertel weiter zu verschärfen. Einige Kommunalpolitiker von ask, über Linke bis hin zur Afd warnen bereits vor „wachsenden Spannungen durch räumliche Konzentration vulnerabler Gruppen“.

Auf der vergangenen Sitzung der Stadtvertretung wurde nun der Antrag der SPD besprochen und in die Fachausschüsse verwiesen. Dort wird in den kommenden Wochen beraten werden, wie ein solches Konzept gegen Segragation aussehen könnte.

Die zentralen Forderungen lassen sich wie folgt beschreiben:

  1. Wissenschaftsbasiertes Konzept bis 2025:
    Basierend auf Studien wie „Hinter den Fassaden“ (Helbig, 2023) soll der Segregationsindex gesenkt werden. Dieser misst, wie ungleich Bevölkerungsgruppen innerhalb einer Stadt verteilt sind. In Schwerin liegt er aktuell bei 0,42 (0 = vollständige Integration, 1 = totale Trennung) – höher als in vergleichbaren Städten wie Rostock.
  2. Investitionen in Schulen und Soziales:
    Der Oberbürgermeister soll sich für mehr Lehrpersonal und Projekte zur Demokratiebildung einsetzen. Zudem sollen Fördermittel des Bundes (z. B. „Soziale Stadt“) genutzt werden, um Grünflächen und Gemeinschaftszentren auszubauen.
  3. Bundesweites Monitoring:
    Die Teilnahme an der Innerstädtischen Raumbeobachtung des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) soll Daten liefern, um gezielt gegen „abgehängte“ Quartiere vorzugehen.

Gerade der Punkt drei könnte, wenn er korrekt angegangen wird, wichtige, auch kleinsträumliche Daten liefern.

Ein Modell für den Osten?

Gelingt der Masterplan, könnte Schwerin Vorreiter für andere ostdeutsche Städte wie Cottbus oder Gera werden, die ähnliche Probleme haben. Doch zunächst muss die Stadtvertretung den Antrag beschließen – und vor allem: Geld und politischen Willen mobilisieren.

Die nächsten Monate werden zeigen, ob aus dem Papier ein wirksames Instrument gegen die Spaltung der Stadt wird – oder ob Mueßer Holz weiter als Symbol sozialer Vernachlässigung steht.

HIer können der Antrag der SPD sowie die Stellungnahme der Verwaltung dazu eingesehen und heruntergeladen werden:


Werbung:


Werbung:





Entdecke mehr von schwerin.news

Melde dich für ein Abonnement an, um die neuesten Beiträge per E-Mail zu erhalten.

Auch interessant: