(stm/Kommentar)

Die Schauburg-Fassade in der Schweriner Mecklenburgstraße, eines der ältesten Kinos in Mecklenburg-Vorpommern, soll nach Angaben der Stadtverwaltung akut einsturzgefährdet sein und in Kürze abgerissen werden. Die Bauaufsicht hat den Gefahrenbereich bereits abgesperrt, die Untere Denkmalschutzbehörde hat – trotz bestehendem Schutzstatus – dem Abriss zugestimmt. Doch wie glaubwürdig ist diese Entwicklung wirklich?

Noch vor einem Jahr: Fassade galt als gesichert

Im Mai 2024 wurde im Zuge eines Zwangsversteigerungsverfahrens ein ausführliches Verkehrswertgutachten erstellt. Darin wird die Bausubstanz zwar als „sehr unbefriedigend bis desolat“ beschrieben, gleichzeitig aber festgehalten: „Die denkmalgeschützte Fassade ist gesichert.“ Sanierungsbedarf wurde eingeräumt, von einer akuten Einsturzgefahr war jedoch keine Rede.

Die Fassade ist seit Jahren hinter eine Plane gesichert. Wie ein Gutachten den Zustand bewerten kann, wenn die Fassade nicht einsehbar ist, ist nur eine von vielen Fragen die sich auftun.

Auch die Stadt selbst äußerte sich damals zurückhaltend. Man prüfte einen Kauf der Immobilie, um die Schauburg möglicherweise selbst zu entwickeln. Die Zwangsversteigerung wurde später jedoch überraschend zurückgezogen. Stattdessen gelangte das Objekt an zwei private Immobilienhändler, die inzwischen offenbar großflächige Wohn- und Geschäftsbauten auf dem Areal planen.

Neues Gutachten – diesmal aus Investorenkreisen?

Nach Recherchen von schwerin.news stammt das aktuelle Gutachten zur akuten Einsturzgefahr nicht etwa von einer unabhängigen Stelle, sondern soll vom Eigentümer selbst in Auftrag gegeben worden sein. Dieses Papier bildet nun anscheinend die Grundlage dafür, die Fassade – trotz ihres Denkmalstatus – kurzfristig abreißen zu dürfen.

Hinweis der Redaktion: Unabhängig bestätigt wurde uns diese Information nicht. Allerdings stammt sie aus gewohnt zuverlässiger Quelle.

Damit steht ein schwerwiegender Verdacht im Raum: Wird hier einem Investor der Weg geebnet, indem man ihn von der Pflicht zur Denkmalerhaltung entbindet? Und akzeptiert die Stadt das Gutachten ungeprüft, anstatt eine eigene unabhängige Untersuchung in Auftrag zu geben?

Unglaubwürdige Zustandsverschlechterung?

Dass sich der bauliche Zustand innerhalb weniger Monate von „gesichert“ (2024) zu „akut einsturzgefährdet“ (2025) verschlechtert haben soll, erscheint vielen Beobachtern mehr als zweifelhaft. Weder Sturmereignisse noch größere Bauaktivitäten sind bekannt, die eine derartige Verschlechterung plausibel erklären könnten.

Die Kritik ist entsprechend deutlich: Bürger, Anwohner und Denkmalschützer fragen sich, ob hier wirtschaftliche Interessen über den Denkmalschutz gestellt werden?

Ein Stück Kinogeschichte vor dem Aus

Die 1912 eröffnete Schauburg war eines der ersten Gebäude in Mecklenburg, das eigens als Kino errichtet wurde. Nach Schließung 1995 und jahrzehntelangem Leerstand ist die Fassade heute das letzte Zeugnis dieser Epoche. Mit ihrem drohenden Abriss würde ein weiteres Stück Schweriner Stadtgeschichte unwiederbringlich verloren gehen.

Offene Fragen an die Stadt

  • Warum (bzw.) wurde das aktuelle Gutachten ohne unabhängige Prüfung akzeptiert?
  • Weshalb wurde der plötzliche Abriss trotz Denkmalschutz genehmigt?
  • Wie konnte sich der Zustand der Fassade innerhalb so kurzer Zeit so drastisch verschlechtern?
  • Welche Rolle spielten die Verkaufsumstände und die privaten Investoren bei dieser Entwicklung?

Politische Nachfragen angekündigt

Der Stadtvertreter der ASK hat zu den Vorgängen rund um die Schauburg bereits entsprechende Anfragen an den Oberbürgermeister gestellt. Über die Antworten der Stadtverwaltung wird schwerin.news berichten, sobald diese vorliegen.

Lesen Sie dazu auch unsere vorherigen Berichte:

Schauburg: Ein angekündigter Abriss mit vielen offenen Fragen. – schwerin.news

Fassade bröckelt, Stadt zeigt Kaufinteresse – was nun aus den Resten der „Schauburg“ werden könnte. – schwerin.news


Hier kann das Gutachten aus 2024 eingesehen und heruntergeladen werden:


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