(stm/Kommentar)
Schwerin steuert auf eine absolute Finanzkatastrophe zu. Zu beschönigen gibt es nichts mehr. Diesen Eindruck vermittel ein aktuelles Dokument der Schweriner Stadtverwaltung. Wen wundert es da noch, dass OB Badenschier das Handtuch geworfen hat.
Die Stadtverwaltung Schwerins rechnet damit, dass bis 2033 ein Minus von rund 308 Millionen Euro aufläuft. Schon 2026 klafft eine Lücke von etwa 33 Millionen Euro allein im laufenden Geldtopf. Das steht so im neuen Haushaltssicherungskonzept – dem offiziellen Papier, das erklären soll, wie die Stadt ihre Finanzen wieder in den Griff bekommt. Die nüchterne Botschaft darin: Ein ausgeglichener Haushalt ist auf absehbare Zeit nicht machbar. Die Kämmerei, die Finanzdezernent Silvio Horn unterstellt ist, sieht schwarz für Schwerin.
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Warum ist das so? In den vergangenen Jahren hat Schwerin einiges richtig gemacht. Die Stadt hat den teuren „Dispo“ (Kassenkredite) spürbar runtergefahren und mehrere Jahre mit schwarzen Nullen abgeschlossen. Dann kamen Teuerung, höhere Zinsen und kräftige Tarifabschlüsse. Gleichzeitig stiegen die Ausgaben dort, wo die Stadt keine Wahl hat: Kita, Hilfe für Menschen mit Behinderungen, Jugendhilfe, Pflege. Auch der Nahverkehr wird teurer – Energie, Personal, Werkstätten. Das Deutschlandticket hilft den Fahrgästen, reißt aber in der Summe kein Loch zu. Oben drauf: Nach dem Zensus sollen 2026 die allgemeinen Zuschüsse vom Land sinken. Kurz gesagt: mehr Pflichtaufgaben, weniger Einnahmen.
Für die Menschen in der Stadt bedeutet das: Es wird spürbar werden. Die Verwaltung nennt konkret, was geprüft wird. Kostenfreier Schülerverkehr ab Klasse 5 – auf den Prüfstand. Straßenbeleuchtung – nachts stundenweise aus. Busse und Bahnen – seltener unterwegs, Fahrscheine regelmäßig teurer. Dazu ein strenges Ausgaben- und Personalcontrolling im Rathaus. Gebühren, Entgelte, Pachten – überall wird geprüft, ob sie steigen müssen. Und wenn das nicht reicht, stehen auch Steuer-Schrauben im Raum: eine ausgeweitete Vergnügungssteuer, höhere Hundesteuer, ein höherer Hebesatz bei der Gewerbesteuer und Anpassungen bei der Grundsteuer.
Gleichzeitig investiert Schwerin weiter – und muss das auch. Schulen, Kitas, Straßen, Feuerwehr, Stadtentwicklung: Wer heute aufhört zu sanieren und zu bauen, zahlt morgen doppelt. Das Problem: Wenn der Alltagshaushalt tiefrot ist, werden auch Zinsen wieder teuer. Dann frisst die Schuldenlast den Spielraum auf, und selbst notwendige Projekte geraten ins Wackeln.
„Dann streicht doch die freiwilligen Ausgaben“, sagen manche. Das klingt plausibel, bringt aber die Wahrheit nicht. Alle freiwilligen Leistungen zusammen machen weniger als fünf Prozent des Haushalts aus. Selbst wenn man dort radikal, auf null kürzen würde, bekäme man die großen Lücken nicht zu. Der dicke Brocken liegt bei den Pflichtaufgaben – also bei Dingen, die die Stadt erledigen muss, ob sie will oder nicht.
Am 10. November liegt der Stadtvertretung die Beschlussvorlage zum neuen Sicherungskonzept vor. Der Beschluss ist nicht schmückendes Beiwerk, sondern Pflicht: Das Konzept muss jährlich fortgeschrieben werden, und die Rechtsaufsicht erwartet es. Mit dem Beschluss allein ist es aber nicht getan. Danach kommen die einzelnen Entscheidungen, die weh tun: Fahrpläne, Tarife, Abgaben, Beleuchtung, Gebühren, all das soll auf den Prüfstand. Nichts davon ist populär. Ohne solche Schritte – oder ohne mehr Geld und klare Regeln von Land und Bund nach dem Prinzip „Wer bestellt, bezahlt“ – dreht sich die Spirale weiter.
Schwerin ist mit dieser Lage nicht allein. Viele Kommunen rutschen seit 2024 weiter tief ins Minus. Aber in Schwerin wirkt jeder Schock stärker: Die Stadt ist Oberzentrum, hat teure Aufgaben, aber vergleichsweise wenig Einwohner. Das ist wie eine zu kleine Decke im Winter – egal, wie man zieht, irgendein Teil bleibt kalt.
Was heißt das jetzt ganz konkret? Die Politik muss entscheiden, wo sie kürzt, wo sie erhöht und wo sie trotz allem investiert. Und sie muss es transparent erklären. Die Verwaltung hat die Zahlen geliefert und Klartext geschrieben: Aus eigener Kraft kommt Schwerin nicht in kurzer Zeit zurück zur schwarzen Null. Wer anderes behauptet, verkauft schöne Worte – aber keine Lösungen.
Die Stadtvertretung wird auf der kommenden Sitzung am 10. November das Thema besprechen und entsprechende Prüfungen und dadurch langfristig wahrscheinlich auch deren Umsetzung beschließen. Die Sitzung kann an dem Tag in Echtzeit auf http://www.schwerin.de/stream angeschaut werden.
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Hier kann das Haushaltsicherungskonzept und die entsprechende Beschlussvorlage eingesehen und heruntergeladen werden:



















