(fab)
Die Debatte um eine Zweitwohnsitzsteuer in Schwerin ist zurück auf der Tagesordnung. Mit der Drucksache 01619/2025 beantragt der Stadtvertreter der ASK, den Oberbürgermeister zu verpflichten, bis zum 30. April 2026 eine Satzung zur Erhebung einer Zweitwohnsitzsteuer vorzulegen. Als Richtschnur nennt der Antrag 10 Prozent der jährlichen Nettokaltmiete; zugleich sollen Bemessungsgrundlage, Ausnahmen (etwa für Studierende oder beruflich bedingte Fälle), Verwaltungsaufwand sowie eine Zweckbindung der Mehreinnahmen geklärt werden. Das Ziel: Ein Entwurf für eine Zweitwohnsitzsteuer, die dann Ende April den politischen Gremien zur Beratung vorgelegt werden soll.
Zahl der Zweitwohnsitze seit Abschaffung der zweitwohnsitzsteuer deutlich gestiegen
Der Antrag begründet den Vorstoß doppelt: finanziell und stadtentwicklungspolitisch. Schwerin sei haushaltsrechtlich gehalten, alle Einnahmequellen zu nutzen; zugleich sei die Zahl der Zweitwohnsitze deutlich gestiegen – von rund 2.100 im Jahr 2018 auf nahezu 3.000 im Jahr 2025. Bei einem Steuersatz von zehn Prozent und 3.000 Zweitwohnungen rechnet der Antrag überschlägig mit bis zu 1,5 bis 2 Millionen Euro jährlich, die in soziale und wohnungspolitische Maßnahmen fließen könnten. Außerdem solle die Steuer Leerstand und rein temporäre Nutzung unattraktiver machen und so Hauptwohnsitze fördern.
Stadtverwaltung stemmt sich gegen Zweitwohnsitzsteuer
Die Verwaltung hält dagegen – und zwar mit Verweis auf Recht, Praxis und eigene Erfahrungen. Zunächst das Juristische: Zweitwohnungen, die aus beruflichen Gründen von nicht dauerhaft getrenntlebenden Verheirateten gehalten werden, dürfen nicht besteuert werden; eine pauschale Erhebung würde hier gegen Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz verstoßen (BVerfG, 1 BvR 1232/00 vom 11.10.2005). Das bedeutet: Gerade die Zweitwohnsitze vieler Landesbediensteter oder von Landtagsabgeordneten fielen von vornherein nicht unter die Steuer. Die Verwaltung folgert daraus, die im Antrag genannten Ertragserwartungen seien „schon deshalb grob falsch“.
Hinzu kommt aus Sicht des Rathauses der Verwaltungsaufwand. Jede Steuererklärung müsse im Einzelfall geprüft werden; es gebe zahlreiche Konstellationen, die aufwändige Bewertungen auslösten und häufig im Schätzweg oder gar Streitverfahren endeten. Schwerin habe die Steuer bereits zweimal eingeführt und aus Gründen der Unwirtschaftlichkeit wieder zurückgenommen; gezahlte Beträge seien erstattet worden.
Zur Untermauerung verweist die Stellungnahme auf Rostock: Dort habe eine mehrjährige Überprüfung gezeigt, dass von anfänglich 18.000 im Melderegister ausgewiesenen Zweitwohnungen am Ende nur 1.270 als tatsächliche, steuerrelevante Zweitwohnungen übrigblieben – 7 Prozent der Registerangaben. Für Schwerin decke sich das mit den eigenen Erfahrungen. Universitäts- und Ferienwohnungs-Standorte wie Rostock oder Greifswald seien Sonderfälle. Eine vergleichbare Struktur wie in Rostock gebe es in Schwerin nicht, folglich wäre die Erhebung hier unwirtschaftlich, so das Fazit.
Nicht der erste Versuch die Zweitwohnsitzsteuer einzuführwen
Politisch ist der Konflikt nicht neu. Bereits 2019, 2023 und im Frühjahr 2025 lagen Anträge zur Zweitwohnsitzsteuer vor; sie scheiterten in der Stadtvertretung aus „sachlichen Gründen“, wie die Verwaltung festhält. Am Zulässigen rüttelt das nicht: Der jetzige Antrag bewege sich im eigenen Wirkungskreis der Kommune und sei formal zulässig. Nur an der Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit habe sich aus Sicht der Verwaltung nichts geändert.
Meinung: Pro&Contra sorgfältig und faktenbasiert abwägen – Stadt sollte ausführlich prüfen.
Worum es also geht, ist die nüchterne Abwägung: Lässt sich in Schwerin ein spürbarer fiskalischer Effekt erzielen, ohne dass die Steuer am Ende mehr kostet als sie einbringt? Der Antrag setzt darauf, dass die gewachsene Zahl an Nebenwohnsitzen und ein klar definiertes Regelwerk die Steuer tragfähig machen – und dass Einnahmen gezielt in Quartiersarbeit, Grünpflege, Spielplätze oder Klimaanpassung zurückfließen. Die Verwaltung argumentiert, dass die rechtlich gebotenen Ausnahmen, die Prüfung im Einzelfall und die lokale Struktur den Ertrag kleinrechnen, während der Aufwand groß bleibt – mit dem Risiko, eine Steuer erneut einführen und später wieder kassieren zu müssen.
Wie es weitergeht, entscheidet die Stadtvertretung. Stimmt sie dem Antrag zu, muss der Oberbürgermeister bis zum 30. April 2026 einen Satzungsentwurf vorlegen – einschließlich Steuersatz, Bemessungsgrundlage, Ausnahmen, Einnahme- und Kostenkalkulation sowie einem Vorschlag zur Mittelverwendung. das erstellen eines Satzungsentwurfs wäre noch keine Einführung der Zweitwohnsitzsteuer, würde aber ein Dokument darstellen, über dass man dann inhaltlich streiten und diskutieren könnte. Schwerin ist chronisch pleite. Sollte sich hier eine Einnahme generieren lassen, würde es nicht die ärmsten der bevölkerung treffen.
Die Frage die sich stellt, welche Instrumente tragen unter den hiesigen Bedingungen wirklich dazu bei, den Haushalt zu stabilisieren und Wohnraum als Hauptwohnsitz zu stärken? Die nun vorliegenden Papiere liefern die Argumente – entschieden werden muss im Plenum.
Hier kann der Antrag nebst Stellungnahme der Verwaltung eingesehen und heruntergeladen werden:


















