(stm/Kommentar)

In der öffentlichen Diskussion stand Innenminister Christian Pegel zuletzt wegen einer umstrittenen Beförderung in der Landespolizei im Fokus. Dabei lässt sich seine Rolle in diesem Fall zumindest juristisch und verwaltungsrechtlich nachvollziehen, die öffentliche Kritik ist weitgehend politischer Natur. Gleichzeitig droht ein anderer Vorgang aus dem Blick zu geraten, der ernsthafte rechtliche Fragen aufwirft: die Rolle des Innenministeriums im Streit um den Stadtteilpark Lankow in Schwerin. Denn anders als bei der „Beförderungedebatte“ lässt sich hier eine deutliche rechtliche Unterlassung und nach Einschätzung des Kinderhilfswerkes ein Pflichtverstoß feststellen.

Die Stadtvertretung hatte beschlossen, das Areal mit Spielplatz an der Kieler Straße für eine Bebauung freizugeben und den Verkauf einzuleiten. Kinder und Jugendliche wurden bei dieser Entscheidung jedoch nicht beteiligt – obwohl das Kinder- und Jugendbeteiligungsgesetz Mecklenburg-Vorpommern eine solche Beteiligung ausdrücklich vorschreibt, wenn junge Menschen in besonderer Weise betroffen sind. Oberbürgermeister Rico Badenschier räumte öffentlich ein, dass keine Beteiligung stattgefunden hat.

Das Deutsche Kinderhilfswerk wirft der Stadt daher einen klaren Rechtsverstoß vor und fordert Konsequenzen. Denn das Gesetz stellt die Beteiligung nicht ins Belieben der Kommune, sondern macht sie zur Pflicht. Zudem gilt seit Jahren die UN-Kinderrechtskonvention, die ebenfalls Beteiligung garantiert. Ein Beschluss, der gegen diese Vorgaben verstößt, ist rechtlich angreifbar und kann als rechtswidrig gelten.

Genau hier kommt das Innenministerium ins Spiel. Es übt die Kommunalaufsicht aus und ist verpflichtet, rechtswidrige Beschlüsse zu beanstanden. Doch bislang hat Minister Pegel keinen solchen Schritt unternommen. Stattdessen wird argumentiert, dass die Entscheidung zwar rechtswidrig sei, dies aber keine unmittelbaren Rechtsfolgen nach sich ziehe. Kritiker sehen darin ein fatales Signal: Gesetze würden ausgehöhlt, wenn sie im Zweifel nicht angewandt werden.

Juristisch wie politisch ist die Sache brisant. Ein Verstoß gegen Beteiligungspflichten kann nicht nur zu einer Beanstandung führen, sondern auch Verträge in der Folge „schwebend unwirksam“ machen. Das schafft Rechtsunsicherheit und kann Schadensersatzforderungen nach sich ziehen. Vor allem aber wird der Eindruck verstärkt, dass Kinderrechte im politischen Alltag wenig Gewicht haben.

Während im Beförderungsfall innerhalb der Landespolizei Interpretationsspielräume bestehen, ist die Lage beim Lankower Park wesentlich klarer: Ein Gesetz wurde nicht eingehalten, das Innenministerium weiß davon – und schreitet dennoch nicht ein. Der eigentliche Skandal liegt damit weniger in personalpolitischen Debatten, sondern in der Frage, wie ernst es Politik und Verwaltung mit der Rechtsbindung nehmen.

Die Kommunalaufsicht ist kein unverbindliches Instrument, sondern eine Pflicht. Wenn ein Ministerium trotz klarer Hinweise auf Rechtsverstöße untätig bleibt, wird das Vertrauen in demokratische Verfahren und die Durchsetzung von Kinderrechten nachhaltig beschädigt.


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