(St. Martini)
Update, 19.07.2023: Der Welterbe Verein hat folgendermaßen reagiert:
Aktuell wird das Büro nur vom Förderverein genutzt und ist nicht für die Öffentlichkeit. Im Rathaus war das ja mit der Barrierefreiheit auch nicht gegeben. Da wir langfristig ein Welterbe Zentrum planen werden wir das natürlich mitbedenken.
i.A. Carolin Wolf
Geschäftsstelle
Welterbe Schwerin Förderverein
Februar 2022, also knapp vor eineinhalb Jahren, postete der Autor dieses Beitrags ein Video und mehrere Fotos vom neuen „Stadtwerke-Glasfaser InfoCenter“ am Dom. Das Video zeigte das neu errichtete Gebäude und ein negatives Beispiel für Bauplanung, das die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen untergräbt.

Das „perfekte“ Gebäude der Stadtwerke am Dom
Hier ist das Video als „Re-Upload“:
https://youtu.be/7UNXTkGsKho Die Aufnahme stammt aus Februar 2022. Bis heute hat sich an der Situation nichts verändert. Der einzige Zugang trotz „Fake-Rampe“ nicht barrierefrei erreichbar.
Enttäuschende „Reaktion“ der Stadt und Stadtwerke
Daraufhin wurde der Bürgersteig mit einer Flex amateurhaft angeschrägt. Dies löste weitere Empörung aus. Über den Gehweg gelangt man nicht zur „geflexten“ Rampe… Naja, immerhin sorgte die öffentliche Empörung dafür, dass die Stadtwerke ein Schild anbrachten, das Rollstuhlfahrenden und anderen Menschen, die auf eine Rampe angewiesen sind, anbot, ins Kundencenter der Stadtwerke in der nahegelegenen Mecklenburgstraße zu gehen. Keine echte Verbesserung, aber immerhin eine Reaktion. Seitdem wurden für das „Infocenter Glasfaser“ auch keine Öffnungszeiten mehr angegeben.

Wenn Sie auf Barrierefreiheit angewiesen sind, gehen (rollen, stolpern) Sie bitte weiter bis zur Mecklenburgstraße…
Für die Stadtwerke nicht nutzbar – aber für den Welterbe Verein „perfekt“?
Umso überraschender war ein Facebook-Beitrag des Welterbe Vereins am vergangene Woche:
Dort schreibt der Verein, der sich der Vermittlung des Welterbe-Gedankens für Schwerin verschrieben hat, folgendes:
„Vielen Dank an die Stadtwerke Schwerin! Unser neues Zuhause ist perfekt.“

Nicht perfekt. Diskriminierend!
In Schwerin sind mehrere tausend Menschen auf Rollatoren, Rollstühle oder andere Gehhilfen angewiesen. Dazu kommen Eltern mit Kinderwagen. Alle diese Personengruppen benötigen eine Rampe, um Zugang zu haben. Das ist bei öffentlichen Gebäuden sogar vorgeschrieben. Die Stadtwerke waren der Bauträger am Dom in Kooperation mit der Stadt. Bereits bei der Bauplanung im Dezernat Nottebaum und im Bauausschuss hätte darauf geachtet werden müssen, dass Barrierefreiheit gewährleistet ist.
Dass die Stadtwerke Schwerin dem Welterbe Verein, der für Akzeptanz und Begeisterung für das Welterbe-Projekt werben möchte, überhaupt diese Räume angeboten hat und dass der Oberbürgermeister Dr. Rico Badenschier diese Vermietung mit den Worten begleitet: „Mit den neuen Räumlichkeiten ist der Förderverein nun direkt im Mittelpunkt des Geschehens angesiedelt und kann uns als Botschafter des Welterbe-Gedankens noch wirkungsvoller unterstützen“, ist eine Missachtung des Gedankens an Barrierefreiheit, die nicht zu überbieten ist.

Diskriminierung oder Versehen?
Entweder sind sich Oberbürgermeister, Stadtwerke und Welterbe Verein einig, dass es völlig legitim ist, Menschen, die auf Barrierefreiheit angewiesen sind, auszuschließen, oder sie haben bis heute nicht verstanden, dass Menschen mit Behinderungen genauso Bestandteil der Gesellschaft sind wie „gesunde“ Menschen. Dass niemand davon wusste, ist auch unwahrscheinlich, da die Stadtwerke extra ein Schild angebracht haben, um Menschen, die auf Barrierefreiheit angewiesen sind, in die Mecklenburgstraße umzuleiten.
Noch schlimmer wäre es nur, wenn es den Protagonisten schlicht egal wäre.
Welterbe – nur für „Gesunde“?
Da sowohl den Stadtwerken als auch dem Oberbürgermeister die miserable, ja geradezu offensichtliche Situation vor Ort bekannt ist, ist es umso schlimmer, dass hier so getan wird, als würde man dem Welterbe Verein etwas Gutes tun. Oder gehen Stadtwerke und Oberbürgermeister davon aus, dass sich nur Menschen mit zwei gesunden Beinen für den Verein interessieren?
Und ist dem Welterbe Verein bei der Besichtigung nicht selbst aufgefallen, wie amateurhaft und diskriminierend die „Rampe“, die keine ist, aussieht? Falls ja, ist es beschämend gegenüber Menschen mit Behinderungen. Falls nein, ist es diskriminierend. Dazwischen gibt es nichts.
Leider haben wir auf diese Fragen bisher keine Antworten erhalten.
Sowohl eine Anfrage an den Welterbe Verein (angefragt am 6. Juli) als auch eine Anfrage an die Stadtwerke (angefragt am 12. Juli) sind bisher (trotz Lesebestätigung) unbeantwortet geblieben.
Sollten sich Welterbe Verein oder Stadtwerke äußern, werden wir darauf eingehen und einen weiteren Beitrag dazu veröffentlichen.



















