(stm)

Am Freitag, den 8. Dezember, wird es in der Landeshauptstadt von Mecklenburg-Vorpommern eine größere Demonstration für Frieden im Israel/Palästina-Konflikt geben. Wir haben den Anmelder der Demonstration, Surik Jangoyan, kontaktiert und um ein Interview im Rahmen unserer Reihe „5 Fragen an…“ gebeten. Herr Jangoyan hat dem Interview zugestimmt. Er spricht sich gegen jede Form von Terrorismus, gegen Krieg und Leid an Zivilisten aus.

Hinweis: Das Interview wurde schriftlich und via Sprachnachrichten geführt und anschließend von der Redaktion, nach entsprechenden Rückfragen schriftlich aufgearbeitet.

Frage 1: Was hat Sie dazu bewegt, eine pro-palästinensische Demonstration in Schwerin zu organisieren? Können Sie uns mehr über Ihre Motivation erzählen?

Es ist einfach, dass das Leid dort in Palästina, Gaza, mich ziemlich mitnimmt. Ich selber habe zwei Kinder im Alter von 4 und 2 Jahren. Diese Altersgruppe wird gerade im Massen umgebracht, ermordet. Das ist auf jeden Fall kein schöner Anblick. Es bricht mir das Herz, nimmt mich sehr mit zu wissen, dass es uns hier in Deutschland gut geht, aber es gibt Flecken auf der Welt, wo dieser Frieden nicht vorhanden ist. Wo Terror ist, wo man täglich einem Trauma ausgesetzt ist. Für mich ist das inakzeptabel, wenn Kinder und Frauen – auch Männer, unschuldige Zivilisten Opfer werden von kriegerischen Handlungen, wofür die Zivilisten eigentlich nichts können.

Frage 2: Wie planen Sie, die Botschaft des Friedens während der Demonstration zu vermitteln? Welche Aktivitäten oder Reden sind geplant?

Ich denke, es geht schon dadurch los, dass man eine Demonstration zu dem Thema macht. Das ist ja auch schon eine Botschaft. Es wird so laufen, dass Aktivitäten stattfinden werden. Es wird eine Rede von mir geben, es wird ein Friedensmarsch vorgenommen, wir werden durch Schwerin marschieren und ein Zeichen setzen. Es werden ausschließlich Flaggen von Palästina gezeigt werden, keine anderen Flaggen von Parteien, Nationen oder Organisationen. Das ist auch in Absprache mit der Stadt Schwerin so genehmigt worden. Das ist quasi bisher unsere Herangehensweise. Bei den Reden werden wir einen sofortigen Waffenstillstand fordern, das ist quasi die Botschaft, die von der Demonstration ausgehen soll, dass aufgehört wird, dort unschuldige Zivilisten zu bombardieren, stattdessen miteinander zu sprechen, um Lösungen zu finden.

Frage 3: Warum haben Sie sich entschieden, diese Demonstration jetzt zu organisieren? Gibt es einen bestimmten Anlass oder Ereignis, das Sie dazu veranlasst hat?

Warum jetzt? Weil die Situation ja immer schlimmer wird. Es wird ja nicht besser. Deswegen habe ich für mich entschieden, den 8. Dezember zu wählen – so bleibt genug Planungszeit für die Demonstration, um mehr Menschen im Vorfeld zu erreichen. Die Kritik des Landesrabbiners, der sagte, dass man das ja auch in 3 Tagen machen könnte, kann ich nicht teilen. Allein schon das Versammlungsrecht besagt, dass eine derartige Versammlung 48 Stunden vorher angemeldet werden muss. In drei Tagen kann man die Öffentlichkeit nicht „abholen“. Eine Demonstration, wenn man sie vernünftig durchplanen will, braucht eben Zeit. Wir möchten, dass viele Menschen zusammenkommen, viele Menschen davon erfahren, denen es nicht egal ist, wie es den Menschen in Palästina geht.

Frage 4: Wie sehen Sie die Rolle von Demonstrationen und öffentlichen Versammlungen bei der Lösung des Nahostkonflikts? Glauben Sie, dass solche Veranstaltungen einen Unterschied machen können?

Man muss die Rolle einer Demonstration so sehen: Kurzfristig wird sie keine Effekte haben, doch wenn man sich anschaut, in welcher Größenordnung die Demonstration für Frieden in Palästina aktuell stattfindet, dass in vielen Städten auf der ganzen Welt die Menschen auf die Straßen gehen – bewusst für Palästina, weil sie sehen, dass die Menschen dort, die Zivilisten, nichts dafür können. Ich denke langfristig können Demonstrationen dafür sorgen, dass es zu einem Umdenken bei der Regierung einsetzt. Auch hier in Mecklenburg-Vorpommern. Dass die Regierung erkennt, okay, wir liegen falsch – es kann so nicht weitergehen. Klar, Israel hat ein Selbstverteidigungsrecht, aber nicht gegen unschuldige Zivilisten. Eine Demonstration ist nicht alles, aber sie muss gemacht werden.

Der Nahostkonflikt ist ja langjährig und reicht weit in die Geschichte zurück. Es ist auch ein Stück weit das Versagen der Politik, der Verantwortlichen, die damals schon mitgewirkt haben – die sich ihrer Verantwortung entziehen. Es wird Zeit zu sagen – lasst uns an einen Tisch setzen. Die Verantwortlichen in Israel und in Palästina müssen sich zusammensetzen und das ein für alle Mal klären. Wenn es nach mir ginge, würde ich die entsprechenden Personen an einen Tisch nehmen und das so lange tun, bis eine langfristige, dauerhafte Lösung gefunden ist.

Frage 5: Was erhoffen Sie sich von den Teilnehmern der Demonstration? Gibt es bestimmte Aktionen oder Verhaltensweisen, die Sie von ihnen erwarten?

Ich erhoffe mir von allen Teilnehmenden an der Demonstration ein friedliches und respektvolles Miteinander. Selbst habe ich mit den Staaten, dem Konflikt nicht viel zu tun. Ich gehöre da keiner der beiden Seiten an. Kein Hass, kein Rassismus, dass sich ganz klar von jeglicher Terrororganisation distanziert, von jeglichen Terroraktivitäten – das erwarte ich von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Ich erwarte, dass man einfach mit der Intention – „Ich möchte friedlich an der Demo teilnehmen“, ein „Zeichen setzen“, und das ist alles. Natürlich ist es wichtig, dass die Teilnehmenden die gesetzlichen Regeln befolgen. Wir arbeiten selbstverständlich mit der Polizei und den Ordnungsbehörden zusammen.

Frage 6: Es gab vom Landesrabbiner der jüdischen Gemeinde (in einem SVZ-Artikel) Kritik daran, dass Sie die Demonstration an einem der wichtigsten Feiertage des Judentums durchführen. Ist dies eine bewusste Provokation, oder wie kam es zur Auswahl des Datums?

Es ist mir schon fast unangenehm, aber ich muss zugeben, dass es mir bei der Anmeldung der Demonstration völlig entgangen ist, dass an diesem Tag ein Feiertag stattfindet, der für die jüdische Gemeinde von Bedeutung ist. Das war ein Zufall. Ich hatte nicht die Absicht, jemanden damit zu provozieren. Wenn sich nun einige deswegen angegriffen oder provoziert fühlen, kann ich nur sagen, dass ich das tatsächlich nicht auf dem Schirm hatte – und möchte mich dafür entschuldigen. Inzwischen habe ich mich natürlich mit Chanukka beschäftigt. Das Fest symbolisiert demnach den Kampf für Religionsfreiheit. Und Religionsfreiheit steht hier bei uns im Westen letztendlich allen zu, friedlich und ohne Waffen. Der jüdischen Glaubensgemeinschaft, der muslimischen, der christlichen. Wie ich bereits sagte, gehöre ich keiner der Religionsgemeinschaften, die im Konflikt involviert ist an. Mir geht es um Frieden, unteilbare Menschenrechte, darum, auf das Leid der Zivilisten aufmerksam zu machen. Deswegen ist es für mich wichtig, noch einmal zu betonen, dass alle auf der Demonstration willkommen sind.

Zur Auswahl des Datums kam es schlicht aufgrund von Terminen und einer angemessenen Vorbereitungszeit für eine derartige Friedensdemonstration.

Wir bedanken uns für das Interview.


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