(stm/ Meinung)

Die Bundesländer haben sich auf die Einführung einer Bezahlkarte für Asylbewerber geeinigt. Die Karte soll den Verwaltungsaufwand senken, die Integration fördern und die illegale Migration eindämmen. Doch ist die Bezahlkarte wirklich eine sinnvolle Lösung oder birgt sie mehr Probleme als Nutzen?

Die Bezahlkarte soll die bisherige Barauszahlung von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz ersetzen oder zumindest reduzieren. Die Karte soll wie eine Prepaid-Kredit- oder Debitkarte funktionieren, die von den Behörden mit einem monatlichen Guthaben aufgeladen wird. Die Asylbewerber sollen damit Bargeld abheben und bargeldlos bezahlen können, allerdings nur in Deutschland und mit einigen Einschränkungen. So sollen Überweisungen, insbesondere ins Ausland, nicht möglich sein. Auch soll die Karte gesperrt werden können, wenn die Asylbewerber gegen Auflagen verstoßen.

Die Befürworter der Bezahlkarte argumentieren, dass sie mehrere Vorteile habe. Zum einen soll sie den Verwaltungsaufwand verringern, da die Auszahlung von Bargeld mit hohen Kosten und Sicherheitsrisiken verbunden sei. Zum anderen soll sie die Integration der Asylbewerber verbessern, indem sie ihnen mehr Teilhabe Möglichkeiten am gesellschaftlichen Leben eröffne. Schließlich soll sie die Anreize für illegale Migration senken, indem sie verhindere, dass Asylbewerber Geld aus staatlicher Unterstützung in ihre Herkunftsländer überweisen und damit „Schlepper“ finanzieren.

Diese Argumente klingen plausibel, doch sie sind nicht unumstritten. Die Bezahlkarte wirft nämlich auch viele Fragen und Bedenken auf, die bisher nicht ausreichend geklärt wurden. Zum Beispiel:

Datenschutz: Welche Daten werden auf der Bezahlkarte gespeichert und wer hat Zugriff darauf? Wie wird der Datenschutz der Asylbewerber gewährleistet? Wie wird verhindert, dass die Karte zur Überwachung oder Profilbildung der Asylbewerber genutzt wird? Laut einer Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) besteht die Gefahr, dass die Bezahlkarte zu einer „gläsernen Flüchtlingskarte“ wird, die sensible Daten wie Aufenthaltsstatus, Gesundheitszustand oder Konsumverhalten preisgibt.

Freiheit: Welche Einschränkungen oder Bedingungen gibt es für die Nutzung der Bezahlkarte? Wie wird sichergestellt, dass die Asylbewerber ihre individuellen Bedürfnisse und Präferenzen berücksichtigen können? Wie wird vermieden, dass die Asylbewerber von der lokalen Wirtschaft abhängig werden oder diskriminiert werden? Laut einer Umfrage des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) empfinden viele Asylbewerber die Bezahlkarte als eine Bevormundung, die ihre Selbstbestimmung und ihre Teilhabe einschränkt. Zudem berichten sie von Problemen bei der Akzeptanz der Karte in Geschäften oder bei der Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln.

Sanktionen: Wie wird die Sperrung der Karten durch die Leistungsbehörden geregelt? Welche Gründe können zu einer Sperrung führen? Wie werden die Rechte und der Rechtsschutz der Asylbewerber garantiert? Laut einer Analyse des Deutschen Instituts für Menschenrechte (DIMR) verstößt die Bezahlkarte gegen das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum, das auch für Asylbewerber gilt. Die Sperrung der Karte kann zu einer existenziellen Notlage führen, die die Asylbewerber in ihrer Gesundheit, ihrer Bildung oder ihrer Integration gefährdet. Hier birgt sich die Gafhr von Willkür durch überlastete Behörden, wie beispielsweise der Schweriner Ausländerbehörde die schon jetzt über alle Maßen beschäftigt ist. Eine Sperrung ist mal schnell geklickt, aber diese aufzuheben dürfte mit Wochenlangen Wartezeiten verbunden sein.

Kosten: Wie hoch sind die Kosten für die Einführung und den Betrieb der Bezahlkarte? Wer trägt diese Kosten? Wie werden sie gerechtfertigt? Laut einer Schätzung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) belaufen sich die Kosten für die Bezahlkarte auf rund 100 Millionen Euro pro Jahr. Diese Kosten müssen von den Ländern und Kommunen getragen werden, die ohnehin schon unter einem hohen finanziellen Druck stehen. Die Einsparungen durch die Reduzierung des Verwaltungsaufwands sind dagegen gering und ungewiss.

Diese Fragen sind nicht nur juristisch, sondern auch ethisch und sozial relevant. Sie betreffen die Rechte und die Würde der Asylbewerber, die nicht als Objekte der Verwaltung, sondern als Subjekte der Gesellschaft behandelt werden sollten. Die Bezahlkarte darf nicht zu einem Instrument der Kontrolle, der Bevormundung oder der Sanktionierung der Asylbewerber werden. Sie muss vielmehr ihre Selbstbestimmung, ihre Teilhabe und ihre Integration fördern.

Die Einführung der Bezahlkarte für Asylbewerber ist daher kein einfacher technischer Akt, sondern ein politischer Entscheid, der transparent und demokratisch erfolgen muss. Die Asylbewerber müssen an dem Prozess beteiligt werden und ihre Meinung und Erfahrung einbringen können. Die Öffentlichkeit muss über die Ziele, die Bedingungen und die Folgen der Bezahlkarte informiert werden und darüber diskutieren können. Die Bezahlkarte muss zudem regelmäßig evaluiert und gegebenenfalls angepasst werden, um ihre Wirksamkeit und ihre Verträglichkeit zu überprüfen.

Die Bezahlkarte für Asylbewerber entwickelt sihc insofern immer mehr zu einer schlechte Ideen, die viele Risiken birgt. Sie kann eine Gefahr sein, aber keine Chance. Sie kann ein Problem sein, aber keine Lösung. Es kommt darauf an, wie sie gestaltet, umgesetzt und begleitet wird. Das erfordert eine verantwortungsvolle und kritische Zuwanderungspolitik, die die Rechte und die Würde der Asylbewerber achtet und schützt.


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