(stm) Die Landeshauptstadt Schwerin steht vor erheblichen haushaltspolitischen Herausforderungen. Wie aus aktuellen Dokumenten des Ministeriums für Inneres, Bau und Digitalisierung Mecklenburg-Vorpommern hervorgeht, hat die Rechtsaufsichtsbehörde vor umfangreiche Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung anzuordnen. Grund sind signifikante Defizite im Doppelhaushalt 2025/2026, die nach Einschätzung der Rechtsaufsicht/ des Innenministeriums die finanzielle Stabilität der Stadt gefährden. (Liste der Maßnahmen unten im Beitrag)
Innenministerium: Konsolidierungskurs in Gefahr
Der vorgelegte Haushaltsplan weist für das Jahr 2025 einen jahresbezogenen Saldo der laufenden Ein- und Auszahlungen von lediglich 568.700 Euro aus. Dieser Wert liegt deutlich unter der für den Erhalt von Landes-Konsolidierungshilfen notwendigen Mindestmarke von drei Millionen Euro. Sollte Schwerin diese Vorgabe verfehlen, drohen der Stadt demnach ab 2026 erhebliche finanzielle Einbußen: Neben dem Wegfall von Konsolidierungshilfen in Höhe von neun Millionen Euro würden auch Sonderzuweisungen für Investitionen von rund 3,2 Millionen Euro entfallen.
Besonders kritisch bewertet die Aufsichtsbehörde, dass die Stadt ihrer Pflicht zur Fortschreibung des Haushaltssicherungskonzepts nicht nachgekommen ist. Das letzte Konzept aus dem Jahr 2021 sah vor, das Haushaltsdefizit bis 2029 abzubauen. Die aktuelle Planung zeigt jedoch eine weitere Verschlechterung der finanziellen Lage.
Stadt soll „Sofortmaßnahmen“ ergreifen
Die Rechtsaufsichtsbehörde hat demnach vor die Stadt zu verpflichten, bis zum 30. Juni 2025 eine Nachtragshaushaltssatzung zu beschließen, die sicherstellen soll, dass bis Jahresende ein selbst erwirtschafteter Überschuss von mindestens drei Millionen Euro erreicht wird. Alternativ oder ergänzend kommen eine Haushaltssperre durch den Oberbürgermeister oder eine Anhebung von Steuersätzen in Betracht. Derartige Erhöhungen hatte die Stadtvertretung zuletzt mehrheitlich abgelehnt. Dazu zählten beispielsweise die Erhöhung der Hundesteuer und weitere.
Zudem soll die Stadtverwaltung unmittelbar nach Veröffentlichung der Haushaltssatzung eine haushaltswirtschaftliche Sperre verfügen. Diese soll sicherstellen, dass nur noch unaufschiebbare Ausgaben getätigt werden. Ausgenommen sind lediglich Maßnahmen, die der Wiederherstellung der dauernden Leistungsfähigkeit dienen.
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Strenge Auflagen für Kreditaufnahmen
Die beantragten Kreditaufnahmen für Investitionen wurden von der Aufsichtsbehörde deutlich reduziert: Statt der geplanten 41,6 Millionen Euro für 2025 wurden nur 30,9 Millionen Euro genehmigt, für 2026 statt 54,5 Millionen lediglich 38,2 Millionen Euro.
Besonders betroffen sind freiwillige Leistungen wie die Vorplanungskosten für das Stadtgeschichtsmuseum, die Stellplatzanlage Lankow oder die Neugestaltung des Grunthalplatzes. Diese Projekte wurden entweder ganz gestrichen oder nur teilweise genehmigt. Die Behörde begründet dies damit, dass bei weggefallener dauernder Leistungsfähigkeit nur noch Maßnahmen genehmigt werden können, die zur pflichtigen Aufgabenerfüllung notwendig sind oder der Wiedererlangung der finanziellen Stabilität nicht entgegenstehen.
Betroffene Projekte im Überblick
Folgende Maßnahmen wurden, so der aktuelle Stand nicht durch das Innenministerium genehmigt.
Kulturbereich:
- Die geplante Sanierung der Sternwarte soll nur zu 50.000 Euro (statt der beantragten 535.000 Euro) genehmigt werden
- Die Umgestaltung des alten E-Werks zu einem Kulturzentrum soll komplett gestrichen werden.
- Die Sanierung des Dr. Külz-Jugendhauses erhält keine Förderung mehr.
Stadtentwicklung:
- Der Ausbau der Uferpromenade am Ziegelinnensee (1,5 Mio. Euro) entfällt.
- Das Wanderwegekonzept wird nur in Teilen umgesetzt.
- Die Neugestaltung des Grunthalplatzes (66.700 Euro) wird nicht finanziert.
Verkehrsinfrastruktur:
- Der geplante Radnetzausbau an der Stadionstraße wurde vorerst zurückgestellt.
- Die Stellplatzanlage in Lankow (645.400 Euro) entfällt.
- Projekte für Verbindungswege (133.800 Euro) werden nicht realisiert.
Bildung und Soziales:
- Die Sanierung der Sporthalle Reiferbahn wurde aufgrund unklarer Veranschlagungsreife zurückgestellt.
- Der Hort-Neubau an der John-Brinckman-Schule erhält Risikozuschläge für Baukostensteigerungen in Höhe von 1 Mio. Euro.
- Die Förderung für das IKZ Glockenturm Paulskirche (55.000 Euro) wurde abgelehnt.
Politische Herausforderungen
Oberbürgermeister Dr. Rico Badenschier und die Stadtvertretung stehen nun unter Druck, die geforderten Haushaltskorrekturen umzusetzen. Die Rechtsaufsichtsbehörde hat deutlich gemacht, dass bei Nichterfüllung der Vorgaben weitere finanzaufsichtliche Maßnahmen drohen könnten.
Die Stadtverwaltung muss nun prüfen, inwieweit bereits getätigte Ausgaben – etwa für Planungsleistungen – noch sinnvoll genutzt werden können. Zugleich wird die politische Diskussion über mögliche Steuererhöhungen oder weitere Sparmaßnahmen an Bedeutung gewinnen.
Hintergrund
Die angeordneten Maßnahmen basieren auf den gesetzlichen Vorgaben der Kommunalverfassung Mecklenburg-Vorpommern (§ 82 KV M-V) und dienen der Sicherung der finanziellen Stabilität der Landeshauptstadt. Die Stadt hat nun die Möglichkeit, innerhalb eines Monats Klage gegen den Bescheid beim Verwaltungsgericht Schwerin einzulegen.
Mit den nun beschlossenen Einschnitten steht Schwerin vor einer der größten haushaltspolitischen Herausforderungen der letzten Jahre. Die kommenden Wochen werden zeigen, ob die notwendigen Korrekturen gelingen und wie die Stadtpolitik auf die Vorgaben der Aufsichtsbehörde reagiert.
Quelle: Anhörungsschreiben und Bescheidentwurf des Ministeriums für Inneres, Bau und Digitalisierung M-V vom 22. April 2025
Anmerkung zur redaktionellen Einordnung:
Dieser Artikel gibt die Kernaussagen der behördlichen Dokumente neutral und präzise wieder. Politische Bewertungen wurden vermieden, um die Sachlichkeit zu wahren. http://www.schwerin.news wird in den kommenden Tagen und Wochen die politischen Einordnungen und Kommentierungen dazu veröffentlichen. Wenn Sie entsprechende Beiträge nicht verpassen wollen abonnieren Sie uns gerne kostenfrei:


















