(stm/Kommentar) Die CDU-Fraktion der Stadtvertretung Schwerin sorgt mit einem neuen Antrag für Aufsehen: Künftig sollen an allen öffentlichen Gebäuden der Stadt dauerhaft die Flaggen von Deutschland, Mecklenburg-Vorpommern und der Europäischen Union wehen – und zwar ohne konkreten Anlass. Begründet wird der Antrag mit dem Ziel, „gesunden Patriotismus“ zu fördern, gerade in Zeiten, in denen dieser durch extremistische Kräfte gefährdet sei.

Was nach einem harmlosen Symbolakt klingt, wirft Fragen auf. Muss Patriotismus tatsächlich täglich durch Fahnen demonstriert werden? Und ist die flächendeckende Beflaggung öffentlicher Gebäude die angemessene Antwort auf demokratiefeindliche Tendenzen?

Der Antrag im Überblick

Die CDU will:

  • eine Änderung der Landesbeflaggungsverordnung, damit die Stadt ganzjährig hoheitlich beflaggen darf,
  • eine Verpflichtung zur Dauerbeflaggung an allen öffentlichen Gebäuden in Schwerin,
  • dass nicht-hoheitliche Beflaggung (also z. B. Regenbogenflaggen oder Friedensfahnen) nur noch mit Zustimmung des Hauptausschusses erfolgen darf,
  • und dass bis 2035 überall bauliche Voraussetzungen geschaffen werden, um überhaupt beflaggen zu können.

Aktuell erlaubt die Landesverordnung nur Beflaggung an besonderen Anlässen. Die CDU sieht darin eine Einschränkung und möchte ein „tägliches Zeichen“ setzen.

Politische Symbolik statt realer Probleme?

Wer auf das Stadtbild blickt, sieht keine patriotische Krise, sondern vielmehr leerstehende Läden, marode Schulgebäude, Pfandsammler, eine immer stärker Spaltung von arm und reich… Währenddessen hat die CDU nicht besseres zu tun als über Fahnenmasten und Flaggendisziplin beraten zu wollen.

Kritisch ist auch die implizite Abwertung anderer Formen symbolischer Kommunikation: Eine nicht-hoheitliche Beflaggung – etwa zur Unterstützung von Vielfalt oder internationaler Solidarität – soll künftig nur noch mit Sondergenehmigung und Rücksprache mit dem Hauptausschuss möglich sein. Hier zeichnet sich ein Kurs ab, der Symbolpolitik bevorzugt, wenn sie „systemfreundlich“ erscheint – und andere Formen politischer Zeichen marginalisiert.

Meinung: Ablenkung im Fahnenwind

Die CDU will Flaggen hissen, wo konkrete Politik nötig wäre. Wer glaubt, dass Deutschlandfahnen an Amtsstuben das Vertrauen in die Demokratie stärken, unterschätzt die Ursachen gesellschaftlicher Spaltung. Patriotismus, der täglich beflaggt werden muss, um sichtbar zu sein, ist vielleicht keiner, der von innen kommt.

Es bleibt zu hoffen, dass die Stadtvertretung bei der Abstimmung über diesen Antrag mehr Weitblick zeigt als politisches Kalkül.

Hier kann der Antrag der CDU angesehen und heruntergeladen werden:


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