(stm) Im Schatten der Plattenbauten, spielt sich derzeit eine Tragödie ab, die kaum jemanden erreicht – außer jene, die täglich mittendrin stehen. Zwei ehrenamtliche Tierschützerinnen schlagen Alarm: Im Nahbereich der Brücke in der Lomonossowstraße im Mueßer Holz streunen bis zu 15 Katzen frei umher. Viele von ihnen sind abgemagert, krank, verwahrlost. Einige tragen bereits Junge unter dem Herzen, andere schleppen sich durch die nähere Umgebung. Auch tote Tiere sind bereits zu beklagen. Die Zustände sind katastrophal, beschreibt es eine der Tierschützerinnen.

Ordnungsamt und Tierheim zeigen sich wenig verantwortlich
Was sie besonders entsetzt: Trotz mehrmaliger Hinweise und Bitten um Hilfe zeigten nach Aussagen der Tierschützerinnenweder das städtische Ordnungsamt noch das Tierheim echtes Interesse an der Lage vor Ort. Zwar wird auf die Möglichkeit verwiesen, einzelne Tiere kastrieren zu lassen – doch das sei ein Tropfen auf den heißen Stein. Es fehle an allem: an medizinischer Versorgung, an sicheren Unterkünften, an koordinierter Hilfe. Die ehrenamtlichen Tierschützerinnen kämpfen allein.

Futterstelle angezündet
Noch dramatischer wird die Lage durch die mutwillige Zerstörung von Futterstellen. Immer wieder berichten die Frauen davon, dass Rückzugsorte in Brand gesteckt wurden. Futterplätze werden verwüstet, und auf die Tiere selbst wurden sogar Böller geworfen. Die Katzen leben in einem gefährlichen Umfeld, dem sie ohne Unterstützung kaum entkommen können und vermehren sich nach Einschätzung der Tierschützerinnen inzestiös.
Eine „Futterstelle“, die von Anwohnenden eingerichtet wurde, scheint gut gemeint, reicht aber nicht aus um die schreckliche Situation der Tiere vor Ort effektiv und nachhaltig zu begegnen.

Versagt Schwerins Tierschutz?
Bei einer Aktion am Wochenende gelang es den Tierschützerinnen schließlich, mithilfe von Lebendfallen drei der Streuner einzufangen. Doch auch hier wartete die nächste Enttäuschung: In ganz Schwerin fand sich keine einzige Stelle, die bereit war, die Tiere aufzunehmen. Also entschieden sich die beiden Frauen zu einem außergewöhnlichen Schritt: Sie fuhren die Tiere nach Neustrelitz, rund zwei Stunden entfernt, wo das sogenannte „Katzenparadies“ bereit war, die Tiere aufzunehmen.

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Tierschützerinnen fahren durch ganz MV um Tiere zu retten
Das Katzenparadies Neustrelitz ist längst kein Geheimtipp mehr in der Tierschutzszene. Seit seiner Gründung im Jahr 2018 kümmert sich der kleine Verein mit viel Herzblut um herrenlose Katzen, bietet Schutz, Pflege, medizinische Versorgung und Vermittlung an.
Auf ihrer Facebook-Seite schilderten die Neustrelitzer Tierschützer am Sonntagabend, wie sie die Tiere aus Schwerin aufgenommen haben: „Jetzt kommt’s Leute – aus Schwerin. Zwei private Tierschützerinnen sind dort unterwegs, weil viele Kitten ohne Zuhause rumlaufen. Die eingefangenen Streuner leben sehr gefährlich: Rückzugsorte wurden angezündet, Futterstellen verwüstet, Böller hinterhergeworfen. Jetzt sitzen sie in der Falle – aber keiner kann oder will sie aufnehmen. Also wieder wir. Zwei Stunden Fahrt zu uns – und dann kam auch noch ein Katzenkind dazu. Seit 18 Uhr sind sie bei uns. Alle drei sind doll süß.“
Das Katzenparadies betreibt nicht nur ein kleines, katzengerechtes Haus mit Außengehegen in ruhiger Lage, sondern bietet auch Katzensitting, Pensionsplätze und Unterstützung für andere Tierschutzprojekte an. Trotz zahlreicher Herausforderungen – darunter finanzielle Engpässe und Platzmangel – stemmt der Verein Aufgaben, für die vielerorts kommunale Strukturen fehlen. Spenden, privates Engagement und unermüdlicher Idealismus halten das Projekt am Leben. Allein im vergangenen Jahr retteten sie mehrere Dutzend Tiere vor dem sicheren Tod. Nun also auch Katzen aus der Landeshauptstadt Schwerin.
Kommentar: Schwerin muss dringend mehr tun!
Ohne private Initiative passiert hier nichts. Die Tierschützerinnen, die die Katzen eingefangen und nach Neustrelitz gebracht haben, fühlen sich allein gelassen – von der Stadt, vom System, von der Gesellschaft. Sie wünschen sich nicht nur Unterstützung, sondern vor allem strukturelle Veränderungen. Dass Ehrenamtliche über Stunden unterwegs sind, um Tiere aus einer Landeshauptstadt (!) zu retten, ist ein Armutszeugnis für eine Stadt wie Schwerin. Die Forderung ist deutlich: Die Behörden müssen hinschauen, helfen, handeln. Nicht irgendwann – sondern jetzt.
Denn während sich Zuständigkeiten hin- und hergeschoben werden, leiden die Tiere weiter. Sie verschwinden aus dem Blickfeld der Menschen – aber nicht aus dem Graubereich, in dem ihr Leben Tag für Tag gefährdet ist. Und so bleibt die Hoffnung derzeit bei jenen, die handeln, obwohl es eigentlich nicht ihre Aufgabe ist: den Ehrenamtlichen, den Tierfreunden, denjenigen, die nicht wegsehen.
Wer die Aktiven bei ihrer Arbeit unterstützen möchte findet entsprechende Kontaktmöglichkeiten auf: Katzenparadies Neustrelitz
http://www.schwerin.news wird das Thema weiter verfolgen.
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