(stm) In Schwerin scheint sich aktuell ein bemerkenswerter Fall von Verwaltungseifer abzuspielen, der grundlegende Fragen nach Verhältnismäßigkeit und dem Verhältnis zwischen Stadtverwaltung und Bürgern aufwirft. Ausgangspunkt ist ein Vorfall am Pfaffenteich Ende September 2025, der durch interne E-Mail-Korrespondenz der Stadtverwaltung dokumentiert ist. (Email liegen der Redaktion vor)

Laut einer dienstlichen E-Mail einer Frau H., Leiterin eines Fachdienstes im Gesundheitsamt, beobachtete sie am 29. September eine Frau, die aus einer großen Tüte Tierfutter auf einer Wiese verteilte. In ihrer Beschreibung verglich sie die Tüte mit einem Zementsack. H. konfrontierte die Frau, zeigte ihren Dienstausweis und forderte sie auf, die Fütterung zu unterlassen. Die angesprochene Frau entpuppte sich als Dr. Aileen Wosniak, eine psychologische Psychotherapeutin und Tierschützerin aus Schwerin. Die Situation eskalierte, als beide Parteien begannen, sich gegenseitig zu fotografieren – Wosniak den Dienstausweis, H. das Kennzeichen von Wosniaks Auto. Abschließend erstattete H. formell Anzeige beim kommunalen Ordnungsdienst.

Übergriffigkeiten – fernab des Zuständigkeitbereiches?

Was jedoch besondere Aufmerksamkeit verdient, ist die weitere Entwicklung. In einer Folgemail vom 9. Oktober wird das Vorgehen noch übergriffiger. Auf die Information, dass ein Ordnungswidrigkeitenverfahren durch Sachbearbeiter L. läuft, lieferte H. einen bemerkenswerten Zusatzhinweis.

Sie verwies auf eine dritte Person, die die Information habe, dass Frau Dr. Wosniak massenhaft Tierfutter zu Hause horte. Ein Satz in der Email fällt dabei besonders ins Auge. Der Satz „Vielleicht gibt das Anlass zu einem Hausbesuch“. Diese Aussage markiert eine absurde Eskalationsstufe im Umgang der Verwaltung mit Bürgern. Die Überlegung zur Androhung eines Hausbesuchs durch die Behörde – einzig begründet mit dem Besitz von Tierfutter – wirft, selbst wenn man die Ansicht vertritt es würde zuviel gefüttert, Fragen nach der Verhältnismäßigkeit der angedachten Mittel auf.

Politisch Angelegenheit bereits klar geregelt

Das eigentlich Paradoxe an der gesamten Situation: Die politische Entscheidungsebene der Stadt hat diesen Konflikt bereits gelöst. Auf der vergangenen Sitzung der Schweriner Stadtvertretung wurde eine Neuregelung der Straßen- und Grünflächensatzung beschlossen.

Beschlossen wurde, dass das Füttern von Tauben mit bis zu 100 Gramm pro Tag und Person erlaubt sein soll. Während die Politik also auf eine legale, (nach eigenen Aussagen – kontrollierbare) Lösung setzt, um dem Konflikt zwischen Tierschutz und Ordnungsamt zu begegnen, agieren Teile der Verwaltung so, als wäre diese Entscheidung nicht getroffen worden.

Der Fall wirft ein bezeichnendes Licht auf das Verwaltungshandeln. Die Überlegung eines Hausbesuchs wegen Tierfutter überhaupt zu haben, ernsthaft in Betracht zu ziehen erscheint in keinem Verhältnis zur behaupteten Ordnungswidrigkeit. Nicht zuletzt lässt der Ton in den E-Mails und der Versuch, durch Hinweise auf private Vorräte die Beweislage zu verdichten, das Vorgehen als persönlich motiviert erscheinen.

Die Stadtverwaltung Schwerin steht in der Pflicht, zu erklären, ob die Androhung von Hausbesuchen wegen Vogelfutter offizielle Linie ist oder ob hier einzelne Mitarbeiter ihre Befugnisse in eklatanter Weise überschreiten. Bis dahin bleibt für viele Bürger nur eine Frage: Ist man in Schwerin schon dann verdächtig gegen Satzungen zu verstoßen, wenn man einen Futtervorrat für die heimischen Vögel besitzt?

Die Betroffene Tierschützer hat indes bereits eine Dienstaufsichtbeschwerde an die Stadt versandt. Sobald es dazu neue Informationen gibt, werden wir zu dieser Posse weiter berichten.


Werbung:


Werbung:





Entdecke mehr von schwerin.news

Melde dich für ein Abonnement an, um die neuesten Beiträge per E-Mail zu erhalten.

Auch interessant: