OB Wahl: 7 Fragen an… Daniel Trepsdorf

(stm) Schwerin News hat sich mit 7 Fragen an die Kandidaten zur Oberbürgermeisterwahl am 4. Juni in Schwerin gewandt. Als zweites geantwortet hat der Kandidat der Linken, Dr. Daniel Trepsdorf.

Wie stehen Sie zu dem Thema Digitalisierung und welche konkreten Maßnahmen wollen Sie ergreifen, um Schwerin zu einer modernen und vernetzten Stadt zu machen?

Die Digitalisierung hat unsere Welt verändert und die Künstliche Intelligenz als ihr Kind wird sie revolutionieren wie die Erfindung der Dampfmaschine. Dabei gibt es viele Chancen, aber mindestens genauso viele Risiken. Niemand kennt alle Fragen oder hat alle Antworten parat. In der Steuerung dieser Entwicklung liegt die größte Herausforderung auch für mich als OB von Schwerin. Dabei kann ich mich auf die Expert:innen in der Verwaltung und in der Stadtgesellschaft stützen. Als wichtigste Maßnahmen sehe ich gegenwärtig:

  1. Den Ausbau und die Sicherung der Infrastruktur, z.B. durch sichere Netze und Schutzeinrichtungen gegen Cyberangriffe
  2. Die Förderung der technologischen Kompetenz der Menschen via Fort- und Weiterbildungen. Diese Aufgabe müssen wir gemeinsam mit den Unternehmen und dem Handwerk angehen.
  3. Die Stärkung des Themas im Unterricht an allen Schulen und für alle Altersstufen
  4. Die sinnvolle Umsetzung von Smart City Konzepten, z.B. bei der Verkehrslenkung oder bei der Automatisierung von Verwaltungsleistungen, auch als Beitrag zum Klimaschutz. 

Welche Rolle spielt die Kultur- und Subkultur für Sie und wie wollen Sie diese fördern und schützen?

Kultur und „Sub“-kultur (jede Kultur war einmal Subkultur) prägen das Leben und das Gesicht der Stadt, ihre Attraktivität (auch für Unternehmen) und ihren sozialen Zusammenhalt. Ich will als OB die Teilhabegerechtigkeit im Blick halten. Nicht nur der Zugang zur Kultur soll allen offenstehen, sondern auch die Mitgestaltung sehe ich als selbstverständlichen Teil der Kulturpolitik. Die Unterschiede zwischen den unterschiedlichen Nutzergruppen sehe ich als großes Potenzial. Kulturkonzepte müssen auf die Diversität von Lebensstilen reagieren und stets Antworten geben auf die Frage nach der Vielfalt der Kulturen.

Die städtischen Einrichtungen der kulturellen Bildung (z.B. Konservatorium, Volkshochschule, Schleswig-Holstein-Haus, Speicher) und die freien Träger (z.B. Schule der Künste und Ataraxia) sind auf auskömmliche Zuschüsse der Stadt angewiesen, die jährlich dynamisiert werden müssen.

Als wichtigste Maßnahmen sehe ich gegenwärtig: 

  1. Aufstockung des Budgets für nicht-institutionell gebundene, freie Mittel für Kultur, was mir als Vorsitzendem des Kulturausschusses auch schon ein Anliegen war.
  2. Das UNESCO-Welterbe sichern, indem das Kulturbüro in Schwerin personell und finanziell zukunftsfest gemacht wird
  3. Die Bibliothek (auch die Filialen in den Stadtteilen) digitalisieren und in ihrer Rolle als Wissens- und „Kulturladen“ stärken
  4. Die Freie Theater- und Musikszene strukturell auf gesicherte Beine stellen
  5. Jugendklubs und Proberäume auch für den „schmalen Taler“ verfügbar machen
  6. Street-Art, Skater und Graffiti-Szene in der Landeshauptstadt unterstützen
  7. Auskömmliche Finanzierung der Träger der kulturellen Bildung und die jährliche Anpassung der Förderbeträge

Wie wollen Sie die soziale Wohnungsbaupolitik gestalten, der Segregation begegnen und wie wollen Sie den steigenden Mieten und Nebenkosten entgegenwirken?

In meinem Wahlprogramm habe ich das Ziel formuliert: Bezahlbaren Wohnraum für jeden Geldbeutel! Für mich ist Wohnen ein Grundrecht. Ich stehe für den Erhalt städtischen Eigentums und eine aktive Bodenpolitik in Schwerin. Wir brauchen Wohnangebote für jeden Geldbeutel in jedem Quartier. Als Gegenmittel gegen die zunehmende Segregation empfehlen Wissenschaftler, Neubauten in besseren Wohnlagen immer mit strikten Auflagen für einen Anteil von Sozialwohnungen zu versehen.

Derzeit spaltet in vielen Städten der Zugang zu Wohnraum die Gesellschaft. Die Mieten steigen seit Jahren, Viele kommen finanziell nur schwer über den Monat. Ältere Menschen mit schmaler Rente sorgen sich, ob sie in Zukunft die Miete für ihre Wohnung noch bezahlen können. Auf der anderen Seite wird luxussaniert.

Ganz gleich ob Studierende, junge Familien oder Alleinerziehende, Arbeitende, Migrantinnen und Migranten, Menschen mit Grundsicherung, Rentnerinnen und Rentner. Wir alle haben ein Recht auf bezahlbaren Wohnraum, denn Schwerin ist unsere Stadt.

  1. Ich werde die Veräußerung städtischen Grund und Bodens stoppen und zusätzlich Flächen zurückkaufen. Die Stadt und ihre Gesellschaften müssen den Immobilienbestand, vor allem an Sozialwohnungen, erhalten und erweitern und dabei noch enger mit den Wohnungsgenossenschaften zusammenarbeiten.
  2. Dort, wo die Stadt baut, muss sie das unter gemeinnützigen Vorzeichen tun.
  3. Und dort, wo weiterhin auch private Bauherren tätig sind, muss man sie im Rahmen z.B. von städtebaulichen Verträgen verpflichten, auch belegungsgebundenen Wohnraum zur Verfügung zu stellen, mit einer Quote von 25% und dauerhaft – nicht nur für 10, 15 oder 20 Jahre.
  4. Neuausrichtung der städtischen Liegenschaftspolitik: Grundstücke in städtischem Eigentum werden grundsätzlich nicht verkauft. Vergaben erfolgen in Erbbaupacht nach Konzept und nicht im Höchstgebotsverfahren.
  5. Die Wohnbedürfnisse der Menschen verändern sich. Deshalb möchte ich innovative Wohnformen, wie z.B. das Mehrgenerationen-Wohnen oder das Mietersyndikat, stärken. Solche Ideen müssen bei der Entwicklung neuer Quartiere von Anfang an mitgedacht werden, gemeinsam mit den Bauträgerinnen und Bauträgern.

Wie stehen Sie zu dem Thema Klimaschutz und welche nachhaltigen Entwicklungsziele verfolgen Sie für Schwerin?

Auch wenn die Folgen des Klimawandels in Schwerin noch nicht so deutlich spürbar sind, der Klimawandel bedroht das Leben, wie wir es schätzen und lieben. Unabhängig von Vorgaben der nationalen und internationalen Ebenen zum Klimaschutz ist klar, dass es nur gemeinsam und auf allen politischen Ebenen eine Chance gibt, zu spürbaren Ergebnissen zu kommen. Die LH Schwerin verfügt auch in diesem Bereich über gute Konzepte. Es mangelt aber, wie auch in anderen Bereichen, an einer effektiven Umsetzung. Und darum muss es uns gehen, wenn wir 2035 klimaneutral sein wollen. Ich halte vorbehaltlich der Beratung mit den Expert:innen folgende Maßnahmen für vordringlich:

  1. Ausbau von Geothermie und Fernwärme, ein großer Standortvorteil in unserer Stadt
  2. Weitere Reduktion des Verkehrs mit Verbrennungsmotor in der Innenstadt, kombiniert mit dem Ausbau des ÖPNV und sicherer und breiter Radwege
  3. Sicherung der Moore, Waldgebiete und Gewässer in und um Schwerin als CO2-Speicher
  4. Eine aus Klimaschutz – Gesichtspunkten energiesparende Bau- und Sanierungspolitik der städtischen Unternehmen ist gesetzt. Hier bleiben uns ergänzende Möglichkeiten, wie beispielweise Fassaden- , Begleitgrün-, Dachgestaltung.
  5. Als OB werde ich weiterhin darauf einwirken, über den Klimawandel und die Bedeutung von Klimaschutzmaßnahmen zu informieren, um ein verändertes Bewusstsein in der Stadt zu schaffen.
  6. Das novellierte Baugesetzbuch bietet wesentlich bessere Möglichkeiten, die Notwendigkeiten des Klimaschutzes und Maßnahmen zur Energieeffizienz bei der Bauleitplanung und im „Besonderen Städtebaurecht“ (z.B. Sanierungsgebiete und Entwicklungsbereiche) zu berücksichtigen. Das müsste im zuständigen Dezernat umgesetzt werden.

Wie wollen Sie die demokratische Kultur in Schwerin stärken und wie wollen Sie mit extremistischen Tendenzen umgehen?

Es gibt für mich kein wichtigeres Gut als die Bewahrung und Stärkung unserer Demokratie. Aber wie gelingt uns das. Ich habe seit vielen Jahren die politische Arbeit professionell betrieben, bin quasi Experte für Demokratieförderung. Als OB geht es mir um das engere Zusammenwirken und die Neugestaltung des Kräftedreiecks zwischen den Menschen in unserer Stadt, der Stadtvertretung und der Verwaltung. Im Vordergrund steht dabei die umfassende Einbeziehung der Bürgerschaft in wesentliche lokale politische Entscheidungen. Konkrete Maßnahmen wären für mich

  1. Ausbau der Förder- und Unterstützungsstrukturen („Demokratie leben!“, „Zusammenhalt durch Teilhabe“, „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“)
  2. Rückgriff auf Instrumente des künftigen Demokratiefördergesetzes, um demokratische Strukturen zu unterstützen.
  3. Gemeinsam mit der Polizei: Konsequente Ahndung demokratiegefährdender Tendenzen
  4. Stärkung der Strukturen und Institutionen, die sich für Menschenrechte stark machen   

Wie wollen Sie die Zusammenarbeit mit dem Land Mecklenburg-Vorpommern und anderen Kommunen verbessern?

Die Zusammenarbeit mit dem Land ist nicht schlecht, allerdings wesentlich geprägt von der föderalen Abhängigkeit und Unterordnung der Kommunen. Andere Bundesländer, z.B. NRW engagieren sich wesentlich ambitionierter bei der Unterstützung der Kommunen bei der Unterbringung von Flüchtlingen oder der Integration. Da haben wir noch Luft nach oben und ich werde für Schwerin auch deutliche Forderungen formulieren.

Die Zusammenarbeit in der kommunalen Familie ist bereits vorhanden, aber noch deutlich ausbaufähig. Der Personalmangel wegen der demografischen Entwicklung wird es unausweichlich machen, viele kommunale Leistungen in übergreifenden Servicecentern zu erbringen. Durch die Digitalisierung muss das nicht einen Verlust an Bürgernähe bedeuten. Der Onlinehandel macht vor, wie es geht.

Wie wollen Sie die Bürgerbeteiligung und Transparenz in Schwerin erhöhen und welche Möglichkeiten wollen Sie den Schwerinerinnen und Schwerinern bieten, sich aktiv einzubringen?

Bürger:innenbeteiligung ergänzt und stärkt die repräsentative Demokratie. Mehrere Blickwinkel erhöhen die Wahrscheinlichkeit, innovative Lösungen im Konsens zu entwickeln. Die anlasslose Beteiligung ist dabei für mich der Schlüssel zu besseren Lösungen und weniger Konflikten bei der Umsetzung. Anlassbezogen, besonders wenn die Lösungsalternativen bereits formuliert sind, beteiligen sich viele Menschen, um Nachteile für sich selbst abzuwenden. Soll ein Wald dem Neubau einer Schule weichen, gründen die Anwohner eine BI, um ihren Wald zu erhalten. Ich möchte aufbauend auf den Erfahrungen anderer Städte unterschiedliche Bürgerforen durchführen, z.B. zum Thema Mobilität oder Wohnen

  • mit einer gesamtstädtischen Perspektive
  • mit Vertreter:innen der ganzen Vielfalt Schwerins und aller Stadtbezirke (z.B. durch repräsentative Zufallsauswahl)
  • zu allen relevanten Handlungsfeldern
  • kontinuierlich 2mal jährlich
  • von Anfang an – also lösungsorientiert

Einige Städte haben mit einem Bürgerhaushalt gute Erfahrungen gemacht. Er schafft Transparenz über die Haushaltslage der Stadt und lädt zur Mitwirkung ein. Dazu passen auch Budgets für die Selbstverwaltung der Stadtteile durch die Ortsbeiräte. Möchte ich gerne in Schwerin auch mal ausprobieren.

Werbung

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s